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Arzneimittelkosten

AOK schlägt Alternativen zur Preisbildung vor

Im Rahmen einer Pressekonferenz haben die AOK sowie Expertinnen und Experten am heutigen Mittwoch Alternativen zur derzeitigen Preisfindung bei neuen Medikamenten aufgezeigt. Beispielsweise ein Übergangspreis, der zwischen Zulassung und Abschluss der Nutzenbewertung gilt, könnte ausufernde Arzneimittelkosten deckeln. Und: Die AOK spricht sich gegen eine Weiterführung der flexiblen Abgabe von rabattierten Rx-Arzneimittel in Apotheken aus.
Charlotte Kurz
27.10.2021  13:46 Uhr

Der Trend steigender Arzneimittelkosten in Deutschland hält weiter an. 2020 betrug der Arzneimittelumsatz der gesetzlichen Krankenkassen 49,2 Milliarden Euro, 2019 lag er noch bei 46,9 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Vor 10 Jahren waren es noch 29,7 Milliarden. Dabei bleibt die Zahl der Verordnungen über die Jahre hinweg relativ stabil bei derzeit rund 684 Millionen Verschreibungen jährlich.

Die gestiegenen Kosten seien insbesondere mit immer teureren Medikamenten zu erklären, erklärte Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO), bei einer Pressekonferenz am heutigen Mittwoch in Berlin. Schröder ist zudem Mitherausgeber des aktuellen Arzneimittel-Kompasses 2021, der sich genau diesem Thema widmet: hochpreisige Arzneimittel. 2011 kostete eine Medikamentenpackung durchschnittlich 180 Euro, im August 2021 lag dieser durchschnittliche Packungspreis bei 1225 Euro, erklärte Schröder. Neue Arzneimittel, die in den letzten 36 Monaten auf den deutschen Markt gekommen sind, würden sogar im Durchschnitt pro Packung rund 51.200 Euro kosten, vor zehn Jahren lag dieser Preis noch bei 902 Euro, so Schröder. Beim derzeit teuersten Medikament handelt es sich um Libmeldy®, das einen Listenpreis von knapp 2,9 Millionen Euro hinlegt. Das Medikament wird zur Behandlung einer seltenen Erbkrankheit bei Kindern eingesetzt.

Bei den patentgeschützten Arzneimitteln stieg auch der Umsatz nochmal von 21 Milliarden (2019) auf 24,2 Milliarden Euro in 2020 auf einen neuen Höchststand. Dieser Ausgabenanteil entspricht etwa der Hälfte des Gesamtmarktes. »Jeder zweite Euro der Arzneimittelkosten entfällt damit auf patentgeschützte Arzneimittel«, betonte Schröder. Allerdings werden patentgeschützte Medikamente nur bei 6 Prozent aller Verordnungen verschrieben.

Bei den sogenannten hochpreisigen Arzneimitteln ist der Graben zwischen Kosten und Zahl der Verordnungen noch tiefer. Von den insgesamt 62.000 verschiedenen Arzneimitteln, die 2020 für die GKV-Versicherten eingesetzt wurden, kosten 4.500 Medikamente (7,5 Prozent) mehr als 1000 Euro und gehören damit in die Kategorie der Hochpreiser. 43 Prozent des gesamten Umsatzes machen die Kosten für die Hochpreiser aus (20,9 Milliarden Euro), 2011 lag der Anteil noch bei 17 Prozent. Diese Medikamente werden allerdings nur bei 1,1 Prozent aller 684 Millionen Verordnungen eingesetzt (2020).

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