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Arzneimittelkosten

AOK schlägt Alternativen zur Preisbildung vor

Im Rahmen einer Pressekonferenz haben die AOK sowie Expertinnen und Experten am heutigen Mittwoch Alternativen zur derzeitigen Preisfindung bei neuen Medikamenten aufgezeigt. Beispielsweise ein Übergangspreis, der zwischen Zulassung und Abschluss der Nutzenbewertung gilt, könnte ausufernde Arzneimittelkosten deckeln. Und: Die AOK spricht sich gegen eine Weiterführung der flexiblen Abgabe von rabattierten Rx-Arzneimittel in Apotheken aus.
Charlotte Kurz
27.10.2021  13:46 Uhr

Übergangspreis soll Kassenausgaben entlasten

Das Problem angesichts dieser Zahlen liege aber vor allem im Patentschutz, findet Schröder. »Die hohen Preise können das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem in Deutschland stark belasten«, betonte er. Eine Möglichkeit um diese Belastung zu vermeiden schlägt Martin Litsch, Vorstandschef des AOK-Bundesverbands, vor. Ein sogenannter Interimspreis könnte die Lücke zwischen der Zulassung eines neuen Medikaments und der abgeschlossenen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) schließen. Das derzeitige Verfahren in Deutschland nach dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) sieht vor, dass ein Medikament nach der Zulassung durch den G-BA eine frühe Nutzenbewertung durchläuft und damit auch eine Preisverhandlung startet. Dieser Prozess dauert ungefähr ein Jahr, in dem die Hersteller den Preis für das neue Medikament in Deutschland selbst festlegen dürfen.

Ein festgelegter Interimspreis, der rückwirkend nach oben oder unten angepasst und auch ausgeglichen wird, könnte dieses Problem lösen, findet Litsch. Die Phase, in der dieser Übergangspreis gilt, sollte dabei möglichst kurz sein. Das Nutzenbewertungsverfahren sollte schon vor dem Marktzugang des Medikaments starten, der Abschluss des Verfahrens sei damit bereits nach neuen Monaten statt einem Jahr möglich, so Litsch. Insgesamt 2,02 Milliarden Euro hätte die GKV von 2011 bis 2020 durch einen vereinbarten Erstattungsbetrag sparen können, schlussfolgert er. Die Forderung ist dabei nicht gänzlich neu, bereits seit geraumer Zeit pocht die AOK auf eine Reform des Preisbildungssystems bei hochpreisigen Arzneimitteln.

Alternative: Pauschale plus Innovationsbonus

Schröder schlägt allerdings eine weitere Alternative zur Preisfindung vor. Pharma-Hersteller könnten einen Pauschalbetrag von 250 Millionen Euro für die Entwicklung und Forschung eines neuen Arzneimittels erhalten. Darüber hinausgehende Investitionen sollen die Pharma-Hersteller dokumentieren und bis zu einer Grenze von 2,5 Milliarden Euro geltend machen können. Allerdings sollen hier nur die eigenen Investitionen der Firmen berücksichtigt werden und keine Förderungen der öffentlichen Hand, die oftmals in die Forschung der Hersteller miteinfließen. All diese Investitionen und Kosten werden einkalkuliert und für die Ermittlung des sogenannten »fairen Preises« auch ein Grundgewinn in Höhe von 8 Prozent gewährt. Einen Anreiz für Therapie-Innovation könnte ein zusätzlicher Aufschlag von bis zu 40 Prozent auf die gesamten Kosten darstellen. Diese Preisfestsetzung würde meist nur ein Zehntel des aktuellen Preises kosten. Im Arzneimittel-Kompass zeigen Rechenbeispiele beispielsweise bei Medikamenten zur Behandlung von Prostatakrebs, dass statt einem deutschen Listenpreis von 45.000 Euro pro Jahr ein Preis von rund 3.700 Euro möglich wäre. Dieses Modell beruht auf einem Vorschlag der Erasmus Universität in Rotterdam und wurde bereits im Europäischen Parlament vorgestellt, so Schröder.

Auch bei der Bewertung von Onkologika und Orphan Drugs, die bei seltenen Erkrankungen (betreffen weniger als fünf pro 10.000 Personen), eingesetzt werden, muss es Änderungen geben, fordert Professorin Petra Thürmann von der Universität Witten/Herdecke und Mitherausgeberin des Arzneimittel-Kompasses 2021. Derzeit werden diese oftmals beschleunigt zugelassen, Orphan Drugs sind zudem von der Nutzenbewertung befreit, es sei denn, die Jahreskosten übersteigen 50 Millionen Euro. Dies führe aber dazu, dass nur wenige Daten zu den Medikamenten vorliegen würden und der Zusatznutzen oft nicht belegt sei. Zudem drohe das Problem schwerwiegender Nebenwirkungen. Hier müsse die Evidenz dieser Medikamente genauer analysiert werden, etwa mithilfe von Algorithmen von internationalen Fachgesellschaften (European Society for Medical Oncology oder American Society of Clinical Oncology). Präzise Kriterien müssten formuliert werden, um schnell zu erkennen, ob ein Medikament einen signifikanten Nutzen biete oder nicht, so Thürmann. Ein weiterer Schritt wäre es, die Nutzenbewertungen und evidenzbasierten Informationen in den elektronischen Verordnungsprozess mit einzubinden mithilfe eines »transparenten praxistauglichen Arztinformationssystems«.

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