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Fluvoxamin

Antidepressivum könnte bei Covid-19 helfen

Die vorläufigen Ergebnisse einer Studie mit 152 Covid-19-Patienten, die ambulant mit Fluvoxamin oder Placebo behandelt wurden, fallen positiv aus: Die Wahrscheinlichkeit einer klinischen Verschlechterung war unter dem Antidepressivum geringer.
Daniela Hüttemann
12.11.2020  18:00 Uhr

Fluvoxamin ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und wird als Antidepressivum eingesetzt. Der Wirkstoff fungiert aber auch als Agonist am σ-1-Rezeptor und soll hierüber eine immunmodulierende Wirkung haben. Der σ-1-Rezeptor ist ein Chaperon-Protein am endoplasmatischen Retikulum mit verschiedenen Funktionen für die Zelle. Es ist unter anderem an der Regulation der Zytokin-Produktion beteiligt. Fluvoxamin gilt als starker σ-1-Rezeptoragonist und konnte im Mausmodell die Immunantwort bei einer Sepsis mildern.

In einer Studie mit 152 erwachsenen symptomatischen Coronavirus-Infizierten im Raum St. Louis in den USA haben nun Forscher der dortigen Washington University untersucht, ob die Einnahme des Antidepressivums die Verschlechterung einer bis dahin ambulant behandelbaren Covid-19-Erkrankung verhindern kann (NCT04342663). Die vorläufigen Ergebnisse haben sie heute im Fachjournal »JAMA« veröffentlicht.

Die Studie war placebokontrolliert, doppelblind, randomisiert und fand komplett kontaktlos statt. Die Betreuung erfolgte telemedizinisch, die Studienmedikation wurde zugeschickt. Die 152 Probanden waren im Median 46 Jahre alt und hatten eine laborbestätigte SARS-CoV-2-Infektion mit milden Symptomen sowie eine Sauerstoffsättigung über 92 Prozent und waren bei Studieneinschluss nicht im Krankenhaus. Die Patienten erhielten über 15 Tage dreimal täglich entweder 100 mg Fluvoxamin oder Placebo. Primärer Endpunkt war eine klinische Verschlechterung innerhalb dieses Zeitraums. Hierzu mussten zwei Kriterien erfüllt sein: erstens Kurzatmigkeit oder Hospitalisierung aufgrund von Kurzatmigkeit oder Lungenentzündung und zweitens eine Absenkung der Sauerstoffsättigung unter 92 Prozent oder die Notwendigkeit einer Sauerstoffzufuhr.

Während sich der klinische Status bei keinem der 80 Patienten unter Fluvoxamin verschlecherte, war dies bei sechs von 72 Patienten unter Placebo der Fall (8,3 Prozent). Unter dem Antidepressivum kam es zu einem schweren sowie elf weiteren unerwünschten Ereignissen; in der Vergleichsgruppe waren es sechs schwere und zwölf weitere Ereignisse waren. 

Das sind positive Ergebnisse, doch betonten die Autoren um Dr. Eric J. Lenze, dass es sich um eine kleine Probandenzahl handelte und das Follow-Up relativ kurz war. Um die Wirksamkeit von Fluvoxamin bei Covid-19 zu beweisen, seien größere randomisierte Studien mit mehr definierten Endpunkten erforderlich.

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