Antidepressiva können Resistenzen fördern |
Annette Rößler |
26.01.2023 18:00 Uhr |
Colibakterien, die in der Petrischale Antidepressiva ausgesetzt sind, entwickeln Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika. / Foto: Getty Images/Ted Horowitz (Symbolbild)
Um dem Problem zunehmender Antibiotikaresistenzen auf den Grund zu gehen, reicht es womöglich nicht, den Übergebrauch von Antibiotika zu adressieren. Auch Wirkstoffe, die nicht primär zur Abtötung von Bakterien eingesetzt werden, können dazu beitragen, dass Antibiotikaresistenzen entstehen. Darauf macht ein Team um Dr. Yue Wang von der University of Queensland in Brisbane, Australien, im Fachjournal »PNAS« aufmerksam.
Die Gruppe hatte bereits in einer früheren Publikation darauf hingewiesen, dass das Antidepressivum Fluoxetin beim Darmbakterium Escherichia coli Antibiotikaresistenzen verursachen kann. Colibakterien, die in der Petrischale 30 Tage lang Fluoxetin ausgesetzt worden waren, hatten schon bei geringen Konzentrationen des Antidepressivums Resistenzen gegen Chloramphenicol, Amoxicillin und Tetracyclin entwickelt (»Environment International« 2018, DOI: 10.1016/j.envint.2018.07.046). Als Ursache hatten die Forscher eine verstärkte Expression von Effluxpumpen ausgemacht, die die Bakterien unter der Einwirkung von Fluoxetin gebildet hatten. Auslöser sei eine verstärkte Mutagenese infolge eines Anstiegs von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) gewesen.
Jetzt legen die Wissenschaftler nach und zeigen in ihrer aktuellen Publikation, dass nicht nur Fluoxetin, sondern auch andere Antidepressiva diese Effekte auslösen können. Die Gruppe testete Sertralin, Duloxetin, Bupropion, Escitalopram und Agomelatin in verschiedenen Konzentrationen. Erneut wurde E. coli in vitro den Antidepressiva ausgesetzt, dieses Mal über 60 Tage. Zwischendurch testeten die Forscher in regelmäßigen Abständen die Empfindlichkeit der Bakterien gegen diverse Antibiotika aus unterschiedlichen Klassen.
Es stellte sich heraus, dass alle fünf Antidepressiva während des Untersuchungszeitraums Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika induzierten, darunter β-Lactame, Phenicole, Fluorochinolone, Makrolide, Aminoglykoside und Tetracycline. Am schnellsten geschah dies bei Sertralin und Duloxetin; bei diesen beiden Wirkstoffen war der Effekt zudem am stärksten ausgeprägt.