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Haarwuchsstörungen

Alopezie hat viele Auslöser

Verstärkter Haarausfall und Haarlosigkeit belasten viele Patienten. Den vielfältigen Ursachen von Androgen-Imbalance, Autoimmunität und Entzündung bis hin zum metabolischen Stress stehen nur wenige zugelassene Behandlungen gegenüber. Für unzählige propagierte Naturprodukte fehlen Studien und Evidenz.
Eva Gottfried
19.04.2025  07:00 Uhr

Alopecia areata: autoimmun vermittelter Haarverlust

Bei Alopecia areata ist der normale Wachstumszyklus der Haare durch Autoimmunprozesse gestört. Bisher wird davon ausgegangen, dass genetische oder externe Faktoren wie Infektionen, Stress und andere Einflüsse zum Zusammenbruch des Immun-Privilegs der Haarfollikel führen (9). Diese sind beim Gesunden durch immunsuppressive Zytokine und eine verminderte Expression von MHC-Molekülen vor überschießender Immunreaktion auf die vielfältigen Krankheitserreger und Fremdstoffe der Umgebung geschützt. Bei Alopecia areata kommt es zur Aktivierung von Immunzellen über JAK/STAT-Signalwege (Janus kinase/signal transducer and activator of transcription), was autoimmune Prozesse vorantreibt. Die Haarfollikel werden geschädigt, erreichen schneller die Telogenphase und die Haare fallen aus (2, 9).

Alopecia areata ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die zu akutem Haarausfall führt. Mannigfaltige Varianten reichen von kleinen kreisrunden Flecken (patchy alopecia) über vollständigen Haarverlust am Kopf (A. totalis) oder am gesamten Körper (A. universalis) bis zu diffuser Alopezie über den gesamten Kopf hinweg sowie Haarverlust nur im Oberkopfbereich (Tabelle) (2).

Varianten Erscheinungsbild
umschriebene Alopecia areata (A. circumscripta) einzelne oder mehrere umschriebene, gut abgegrenzte, haarlose Areale auf der Kopfhaut
Alopecia totalis vollständiger Haarverlust im Bereich der Kopfhaut
Alopecia universalis vollständiger Haarverlust auf dem Kopf, im Gesicht und am Körper
Alopecia areata
Ophiasis-Typ
bandförmiger Haarverlust am Hinterkopf
Alopecia areata mit inverser Ophiasis (oder Sisaipho) Haarverlust im Oberkopfbereich, seitliche und hintere Kopfhautpartien sind nicht betroffen
diffuse Alopecia areata (A. incognita) diffuser Haarverlust und Haardichteminderung
Alopecia barbae diskreter kreisförmiger oder umschriebener Haarverlust im Bartbereich, oft entlang der Kieferlinie, selten diffuse Ausdünnung
Alopecia areata der Nägel Tüpfelnägel, Trachyonychie (raue Nägel), Längsrillen
Tabelle: Klinische Varianten der Alopecia areata (9)

Wann und ob eine Alopecia areata zu behandeln ist, wird kontrovers diskutiert, unter anderem wegen der relativ hohen Rate an Spontanremissionen. Das gilt vor allem bei der »Patch-type«-Form; bis zu 50 Prozent der Patienten erleben eine Spontanremission (10).

Von den aktuell eingesetzten älteren Therapien ist keine explizit für die Alopecia areata zugelassen (9). Bei der lokalisierten Form wird topisch aufgebrachtes Corticoid, zum Beispiel Clobetasolpropionat oder Betamethasonvalerat, und intrakutan appliziertes Triamcinolonacetonid eingesetzt. Bei fortgeschrittener Erkrankung werden Steroide mitunter auch systemisch gegeben, zum Beispiel Prednisolon. Seit vielen Jahren werden topische Immuntherapien eingesetzt. Hierbei wird ein potentes Kontaktallergen, meist Diphenylcyclopropenon (DPCP, off Label) auf die Stellen aufgetragen, um durch die Entzündung der allergischen Kontaktdermatitis immunregulatorische Mechanismen zu aktivieren (9, 10).

Der kreisrunde Haarausfall kann bei Männern und Frauen auftreten und betrifft nicht nur die Kopfhaare. / © Shutterstock/Nishath Riswan
Der kreisrunde Haarausfall kann bei Männern und Frauen auftreten und betrifft nicht nur die Kopfhaare. / © Shutterstock/Brester Irina

Relativ neu ist die Behandlung mit topischen Januskinase-(JAK-)Inhibitoren mit dem Ziel, die Follikelentzündung besser beherrschen zu können. Der Ansatz basiert darauf, dass CD8⁺-Immunzellen über JAK/STAT-Signalwege aktiviert werden. Hierdurch wird über einen Feedback-Mechanismus die Aktivierung weiterer Immunzellen angeregt und die Autoimmunaktivität vorangetrieben (2, 9). Seit 2022 ist der JAK1/2-Inhibitor Baricitinib bei schwerer Alopecia areata zugelassen, seit November 2023 auch Ritlecitinib, der JAK3 und die TEC-Protein-Tyrosinkinase hemmt (9, 10).

Allerdings zeigte eine neuere Studie, dass JAK-Inhibitoren als Dauertherapie eingesetzt werden müssten. So war der Therapieerfolg zwar bei vierwöchiger Unterbrechung der Baricitinib-Therapie noch erhalten; nach 152 Wochen war der Haarverlust jedoch erneut aufgetreten (11).

Nicht zu unterschätzen ist auch, dass parallel zur Alopecia areata multiple Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen wie Vitiligo, Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis), Lupus erythematosus, rheumatoide Arthritis, Psoriasis, atopische Dermatitis oder Asthma auftreten können (9).

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