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Verhütung

60 Jahre Antibabypille – ein Rückblick und Ausblick

Am 18. August 1960 kam in den USA mit Enovid das erste orale hormonelle Kontrazeptivum weltweit auf den Markt. Die gesellschaftliche Kontroverse damals war groß. Auch heute noch wird über Nutzen und Risiken »der Pille« diskutiert.
PZ
dpa
18.08.2020  07:00 Uhr

In den USA war «Enovid» seit 1957 für die Behandlung gynäkologischer Beschwerden zugelassen. Nach Tests unter anderem in Puerto Rico, die heutige Standards etwa für die Teilnehmerzahl nicht erfüllen würden, wurde das Mittel 1960 zur Verhütung zugelassen. Frauenrechtlerinnen hatten den Anstoß für die Forschung gegeben. Allerdings hätten auch Gedanken wie Eugenik und Rassismus bei der Entwicklung eine Rolle gespielt, sagt die Medizinhistorikerin und Juniorprofessorin Dr. Lisa Malich von der Universität Lübeck.

Beim Verkaufsstart in Deutschland im Jahr 1961 – hier hieß das erste Präparat «Anovlar» von Schering – sei das erste hormonelle Kontrazeptivum vorsichtig als Mittel zur «Ovulations- oder Familienkontrolle» bezeichnet und nur an verheiratete Frauen abgegeben worden. «Das Besondere an der Pille ist, dass sie von gesunden Frauen und über längere Zeiträume eingenommen wird», sagt Malich. Unerwartet schnell habe sie sich zum Bestseller entwickelt, schon Mitte der 1960er-Jahre verhüteten Millionen Frauen damit.

Dass manche Autoren darin das erste «Lifestyle-Medikament» der Geschichte sehen, stößt bei der Expertin auf Skepsis: Damit werde die Bedeutung der Verhütung für Frauen unterschätzt. Risiken bei damaligen Abtreibungen waren schließlich auch einer der Faktoren für die Pillen-Entwicklung.

Die ersten und die heutigen Pillen unterscheiden sich deutlich in Dosierung und Sicherheitsprofil, das Wirkprinzip ist jedoch geblieben. Meist wird eine Kombination zweier künstlich hergestellter Hormone genutzt, die den körpereigenen Hormonen Estrogen und Gestagen ähneln. Sie bewirken, dass im Körper kein weiteres Ei heranreift und der Gebärmuttermund mit festem Schleim verschlossen wird, sodass es für Spermien kein Durchkommen gibt. Die Gebärmutterschleimhaut baut sich nicht neu auf. Über den aktuellen Stand der hormonellen Kontrazeption informierte die PZ im März in einem ausführlichen Titelbeitrag.

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