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Borderline-Persönlichkeitsstörung

Zwischen extremen Emotionen

Bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wandeln sich die Gefühle innerhalb von Minuten von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Wenn die innere Anspannung zu groß wird, neigen viele Betroffene dazu, sich selbst zu verletzen.
Clara Wildenrath
11.07.2021  08:00 Uhr

Pharmakotherapie nur vorübergehend

Unterstützend kommt bei vielen Patienten eine pharmakologische Therapie zum Einsatz. Allerdings stets als Off-Label-Gebrauch, da kein Arzneimittel für die Indikation Borderline-Persönlichkeitsstörung zugelassen ist. Anders als noch vor ein paar Jahren plädieren Experten heute für Zurückhaltung. Nach den Empfehlungen des Leitlinienteams sollte der Einsatz von Medikamenten im Wesentlichen denjenigen Situationen vorbehalten bleiben, in denen komorbide Störungen dies erfordern, zum Beispiel bei einer schweren Depression.

Nichtsdestotrotz erhalten die meisten »Borderliner« Medikamente. Wie eine Auswertung im Rahmen des Projekts »Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie« 2015 zeigte, wurden in deutschsprachigen Kliniken 70 Prozent aller BPS-Patienten mit Antipsychotika und/oder Antidepressiva behandelt, 33 Prozent mit Antikonvulsiva, 30 Prozent mit Benzodiazepinen und 4 Prozent mit Lithium. 80 Prozent erhielten mindestens zwei und 54 Prozent mindestens drei Psychopharmaka gleichzeitig. Spitzenreiter bei den Einzelmedikamenten war Quetiapin mit einer Verordnungsrate von 22 Prozent.

Die Studienlage für die pharmakologische Behandlung der BPS ist jedoch begrenzt und die Evidenz für die eingesetzten Substanzen sehr dünn. Deshalb könne die Leitlinie auch kein Medikament bevorzugt empfehlen, sagt Lieb, Direktor der Mainzer Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Leichter falle die Aussage, welche Mittel nicht eingesetzt werden sollten. Das gilt zum einen für Substanzen mit einem hohen Abhängigkeitspotenzial, etwa Benzodiazepine. Aufgrund der erhöhten Suizidgefährdung sollten laut dem Leitlinienkoordinator auch Medikamente mit einem hohen toxischen Potenzial bei Überdosierung vermieden werden. Dazu zählen etwa trizyklische Antidepressiva (Beispiele: Amitriptylin, Imipramin). Von Olanzapin rät das Expertenteam ebenfalls ab: Für dieses atypische Neuroleptikum fanden sich in einer Metaanalyse Hinweise auf ein erhöhtes Suizidrisiko. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin und Sertralin haben sich als wirkungslos erwiesen. Auch das häufig verschriebene Lamotrigin scheint nach neueren Studien zwar sicher, aber nicht wirksamer als Placebo zu sein.

Geringe Evidenz für einen positiven Effekt ergab sich in Studien für Topiramat, Valproat, Quetiapin und Aripiprazol als Stimmungsstabilisatoren. Bei jungen Frauen ist Valproinsäure aufgrund der Teratogenität allerdings nur mit größter Vorsicht einzusetzen.

Von einer primären pharmakologischen Behandlung der Borderline-Störung rät das Leitlinienteam generell ab. Einen Therapieversuch könne man erwägen, so Lieb, wenn kein Psychotherapieplatz verfügbar ist. »Spätestens nach drei Monaten sollte man die Medikation aber wieder absetzen, wenn sie wirkungslos ist.«

Selbst wenn sie hilft, empfiehlt der Psychiater nur einen vorübergehenden Einsatz in Krisensituationen. Sobald die Psychotherapie greift, sollte die pharmakologische Behandlung beendet werden. Hintergrund dieser Empfehlung: »Die Betroffenen müssen lernen, selber die Kontrolle über die Störung zu bekommen. Für die Entfaltung der Selbstwirksamkeit ist die pharmakologische ›Krücke‹ kontraproduktiv.« Polypharmazie sei möglichst zu vermeiden, betont der Arzt. In jedem Fall müssten potenzielle Interaktionen sorgfältig geprüft werden. Hier könnten Apotheker unter Umständen wertvolle Hilfe leisten.

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