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Neue Botendienstvorschriften

Zivilrechtliche Auswirkungen: Kein Versand, aber Fernabsatz?

Welche Bedeutung die zivilrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften für Apotheken allgemein haben und wie sie befolgt werden können, wurde in der PZ bereits im Jahr 2014 anlässlich der Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinie erläutert1. Durch die jüngsten Änderungen im Apothekenrecht2 und die damit verbundene Option eines regelhaften Botendienstes von Apotheken stellen sich nun neue Fragen, die nachstehend beleuchtet werden.
Michael Jung
12.02.2020  10:00 Uhr

5. Rechtsfolgen

Die in Erfüllung der gesetzlichen Informationspflichten gemachten Angaben werden Inhalt des Vertrags28. Sofern Apotheken ihre Informationspflichten nicht beachten, hat dies zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf die vertraglichen Hauptleistungspflichten. Etwaige Lieferkosten oder sonstige Nebenkosten können vom Patienten aber nur verlangt werden, wenn er vorher ordnungsgemäß hierüber informiert worden ist29. Die zweiwöchige Widerrufsfrist des Patienten beginnt nur dann bei Übergabe der Arzneimittel, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist. Ansonsten erlischt das Widerrufsrecht erst zwölf Monate und vierzehn Tage später30. Je nach Fallgestaltung können eventuell auch Schadensersatzansprüche des Patienten in Betracht kommen, zum Beispiel wenn er eine versiegelte Arzneimittelpackung in Unkenntnis der Rechtsfolge öffnet und danach noch sein (erloschenes) Widerrufsrecht ausüben möchte.

Darüber hinaus besteht das allgemeine Risiko im Wirtschaftsleben, dass eine Verletzung gesetzlicher Informationspflichten von Verbraucherschutzvereinen oder Wettbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden kann.

  1. Jung, PZ 2014, S. 1848 »Neuregelung der Verbraucherrechte – Handlungsbedarf für Apotheker«
  2. Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung, BGBl. I vom 21.10.2019, S. 1450.
  3. vgl. BR-Drs. 324/19 (neu), S. 6
  4. vgl. BR-Drs. 324/19 (Beschluss), S. 2
  5. vgl. dazu weitergehend Pfeil/Pieck/Blume, Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, 14. Ergänzungslieferung 2019,  17 Rn. 55b: Vertrag zwischen Apotheke und Patient als »Versorgungsvertrag« sui generis, der sowohl kauf-, werk- und dienstvertragliche Elemente enthält. Für die hier zu diskutierenden Fragestellungen führt das aber letztlich zu denselben Ergebnissen.
  6. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 13/08 R
  7. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016, III ZR 446/15, PZ 2016, 2338
  8. § 312 Abs. 2 Nr. 8 BGB
  9. Für den Versandhandel diejenigen zum Fernabsatz, für den Botendienst diejenigen für stationäre Geschäfte; vgl. Jung, a.a.O. (Fn. 1).
  10. § 312 Abs. 2 Nr. 7 BGB
  11. BR-Drs. 817/12, S. 75 (Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie)
  12. Eine ähnliche Bewertung hat der BGH in einem Urteil vom 9. November 2011 (I ZR 17/10) getroffen, als er die Einbeziehung von Zeitschriften in diesen Ausnahmetatbestand mit der Begründung verneinte, dass der Gesetzgeber bei den Widerrufsvorschriften besondere Vorgaben für den Fernabsatz von Zeitschriften gemacht habe und damit zum Ausdruck gebracht habe, diese Produkte nicht grundsätzlich ausschließen zu wollen.
  13. § 12a ApoG
  14. § 24 ApBetrO
  15. § 312c Abs. 1 BGB
  16. Unbeachtlich ist es übrigens, ob die Apo­theke selbst diese Ausstattung vorhält oder ob sie sich an entsprechenden Angeboten von Dienstleistern oder Plattformen beteiligt, vgl. BR-Drs. 817/12, S. 80 (Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie). Insofern kann das Fernabsatzrecht gegebenenfalls auch heute schon eingreifen, sofern Apotheken in nennenswertem Umfang an organisierten Lieferdienstkonzepten mit telefonischer oder elektronischer Bestellung teilnehmen; vgl. Jung, a.a.O. (Fn.1).
  17. BR-Drs. 817/12, S. 80 (Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie)
  18. § 312g Abs. 1 BGB
  19. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB
  20. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB
  21. § 10 Abs. 1c AMG
  22. Jung, a.a.O (Fn. 1)
  23. § 312d Abs. 1 BGB
  24. Artikel 246a § 4 Abs. 1 und 3 EGBGB
  25. Es empfiehlt sich hierfür die Nutzung des gesetzlichen Musters: www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/art_253anlage_1.html. Hinsichtlich der oben unter Ziffer 3 erläuterten Ausnahmen für das Widerrufsrecht könnte in Anlehnung an Artikel 246a § 1 Abs. 3 EGBGB zusätzlich folgende Formulierung genutzt werden: »Bei der Lieferung individuell hergestellter Rezepturarzneimittel steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Weiterhin verlieren Sie Ihr Widerrufsrecht, wenn Sie nach der Lieferung versiegelter Arzneimittelpackungen deren Versiegelung entfernen, da die Arzneimittel danach aus Gesundheitsschutzgründen nicht mehr zur Rückgabe geeignet sind.«
  26. www.gesetze-im-internet.de/gbeg/art_253anlage_2.html
  27. Artikel 246a § 3 Abs. 1 EGBGB
  28. § 312d Abs. 1 Satz 2 BGB
  29. § 312e BGB
  30. § 356 Abs. 3 BGB
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