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Neue Botendienstvorschriften

Zivilrechtliche Auswirkungen: Kein Versand, aber Fernabsatz?

Welche Bedeutung die zivilrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften für Apotheken allgemein haben und wie sie befolgt werden können, wurde in der PZ bereits im Jahr 2014 anlässlich der Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinie erläutert1. Durch die jüngsten Änderungen im Apothekenrecht2 und die damit verbundene Option eines regelhaften Botendienstes von Apotheken stellen sich nun neue Fragen, die nachstehend beleuchtet werden.
Michael Jung
12.02.2020  10:00 Uhr

2. Gelten die Verbraucherschutzvorschriften?

Bevor es an die Details geht, stellt sich eine auf den ersten Blick nicht ganz naheliegende Frage: Entsteht beim Bezug von Arzneimitteln von Apotheken überhaupt ein zivilrechtlicher Verbrauchervertrag? Nur dann sind nämlich die Verbraucherschutzvorschriften anwendbar.

Beim Arzneimittelkauf von privat versicherten Patienten und sonstigen Selbstzahlern ist die Antwort einfach: hier werden klassische Kaufverträge geschlossen5. Der Patient als Verbraucher erhält das Arzneimittel von der Apotheke und bezahlt dafür. Juristisch komplizierter ist die Lage allerdings bei gesetzlich versicherten Patienten. Das Bundessozialgericht nimmt an6, dass sich der Vergütungsanspruch der Apotheke gegenüber der Krankenkasse unmittelbar aus dem SGB V in Verbindung mit dem Rahmenvertrag ergibt. Das bedeutet also, dass die typische zentrale Käuferpflicht eines Kaufvertrags gar nicht den Patienten, sondern seine Krankenkasse trifft. Gleichwohl ist mit dem Bundesgerichtshof7 davon auszugehen, dass ein privatrechtliches Vertragsverhältnis zwischen Patient und Apotheke besteht, welches lediglich sozialrechtlich überlagert ist.

Die nächste Frage ist, welche Verbraucherschutzvorschriften auf Kaufverträge anwendbar sind, die eine Auslieferung von Arzneimitteln im Botendienst zum Gegenstand haben. Das BGB enthält eine Sondervorschrift8, die möglicherweise einschlägig sein könnte: Hiernach wären nur eng benannte Vorschriften auf Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, Aufenthaltsort oder Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden, anwendbar. Auch die Lieferung von Arzneimitteln könnte – gegebenenfalls analog – hierunter fallen.

Die bisherige Rechtslage war klar: Für den Versandhandel ist die Vorschrift nicht einschlägig, weil die Lieferung typischerweise über einen Logistiker und damit nicht von der Apotheke selbst erfolgt. Und der bisherige Botendienst war auf den Einzelfall beschränkt, erfüllte also nicht das Kriterium der häufigen und regelmäßigen Fahrten. Damit galten in beiden Fällen die jeweils relevanten9 Verbraucherschutzvorschriften.

Wie wirkt sich nun die Streichung des Einzelfallkriteriums in § 17 Abs. 2 ApBetrO aus? Können sich Apotheken, die ihren Botendienst regelhaft ausweiten und damit möglicherweise »häufige und regelmäßige Fahrten« anbieten, künftig auf diese Ausnahme berufen? Auch wenn nicht sicher prognostiziert werden kann, ob Gerichte anders entscheiden, spricht einiges dafür, dies zu verneinen. Der Gesetzgeber hat nämlich in der Begründung zu einer weiteren Ausnahmevorschrift – derjenigen zu ärztlichen Behandlungsverträgen10 – eine ausdrückliche Wertung verankert. Dort hat er den ihm von der europäischen Richtlinie eröffneten Spielraum bewusst nicht genutzt und bestimmt, dass Verträge über den Vertrieb von Arzneimitteln und Medizinprodukten generell in den Anwendungsbereich der Verbraucherschutzvorschriften fallen sollen11. Diese Wertung würde konterkariert, wenn diese Produkte durch eine andere Ausnahmevorschrift erfasst würden12.

Eine abweichende Bewertung erscheint allerdings für besonders gesetzlich geregelte Versorgungssituationen wie die Heimversorgung13 oder Rezeptsammelstellen14 vertretbar. Die für diese Sonderfälle institutionalisierten Rahmenbedingungen stellen ihrerseits nämlich das erforderliche Schutzniveau für Patienten sicher. Demnach wären in diesen Fällen die nachstehend erläuterten Pflichten nicht einschlägig. Gerichtlich geklärt ist diese Frage allerdings bislang nicht.

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