Zahl der Paxlovid-Auslieferungen verdreifacht |
Laut BMG hat sich die Zahl der an die Apotheken ausgelieferten Paxlovid-Therapieeinheiten seit Einführung des ärztlichen Dispensierrechts mehr als verdreifacht. / Foto: IMAGO/Christian Grube
Im Februar dieses Jahres hatte die Bundesregierung eine Million Dosen des antiviral wirksamen Covid-19-Medikaments Paxlovid™ (Nirmatrelvir/Ritonavir) beschafft. Die Wirkstoffkombination ist zur Covid-19-Behandlung bei Risikopatienten zugelassen und konnte in den Zulassungsstudien überzeugen. Doch in den ersten Monaten verordneten die Mediziner Paxlovid nur sehr zögerlich, Millionen von Packungen drohen weiterhin zu verfallen.
Damit mehr Patienten von Paxlovid profitieren, hatte das Bundesgesundheitsministerium Anfang August Vorschläge vorgelegt, die unter anderem ein eingeschränktes ärztliches Dispensierrecht für das Therapeutikum vorsehen. Seit Mitte August gilt nun die aktualisierte Änderung der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung (AMVersV). Hausärzte dürfen demnach maximal fünf Paxlovid-Packungen lagern und diese direkt an Patienten abgeben. Für die Abgabe werden sie vergütet. Die Mediziner müssen die Packungen allerdings über die Apotheken beziehen, die für die Beschaffung und die Abgabe weiterhin vergütet werden.
Laut BMG haben die Neuregelungen zu einem deutlichen Anstieg der Paxlovid-Auslieferungen geführt. Zahlen aus dem Ministerium zeigen, dass sich die Anzahl der ausgelieferten Packungen von Kalenderwoche 33 zu Kalenderwoche 34 mehr als verdreifachte. In den Kalenderwochen 32 und 33 erhielten die Apotheken vom Großhandel demnach zwischen 3300 und 3500 Packungen. In Kalenderwoche 34 waren es dann rund 11.600. Eine Woche später stieg die Zahl dann sogar auf 11.683, bevor sie in KW 36 zuletzt wieder auf rund 8900 sank.
Allerdings: Wo die ausgelieferten Packungen letztlich abgeben wurden, kann das BMG nicht nachvollziehen. Denn die Zahlen aus dem BMG belegen lediglich einen Anstieg der ausgelieferten Therapieeinheiten. Zahlen zu den Abgaben in Arztpraxen legte das Ministerium nicht vor. Aus dem Ministerium hieß es allerdings, dass man in der Einführung des ärztlichen Dispensierrechts den Hauptgrund für diesen Anstieg sehe. Man werde daher an dem eingeschränkten Dispensierrecht für die Hausärzte festhalten. Es sei sinnvoll gewesen, diese Regelung gegen den Widerstand von Lobbygruppen durchzusetzen, hieß es.
Die ABDA hatte vor dem Inkrafttreten der Neuregelung deutlich davor gewarnt, den Ärzten die Abgabe zu erlauben. Auch der Bremer Pharmakologe Professor Bernd Mühlbauer hatte sich entsprechend gegenüber der PZ geäußert und gesagt, er halte die Neureglung für eine »Katastrophe«. »Die Abgabe von Paxlovid aus Arztpraxen halte ich persönlich für den Sündenfall schlechthin«, sagte er. Wenn Ärzte ein bestimmtes Arzneimittel gegen Honorar abgeben dürften, sei das »eine Katastrophe für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient«, so der Mediziner, der auch dem Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) angehört.
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