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Sven Siebenand |
24.01.2019 12:58 Uhr |
Oft ist es nicht nur ein Stolperstein, der Patienten auf dem Weg zu einer guten Arzneimittelwirkung behindert. / Foto: Stock.adobe.com/digital-fineart
Die Aufklärung über das Einsetzen der Wirkung eines Medikaments und deren Maximum ist eine wichtige Hilfe für Patienten. Darauf wies Steffen Schmidt aus Haltern am See hin. Beispielsweise setze die Wirkung des Betablockers Bisoprolol bereits nach zwei bis vier Stunden ein, also relativ schnell. Die maximale Wirkung werde aber erst nach zwei bis sechs Wochen erzielt.
Dr. Hiltrud von der Gathen aus Recklinghausen betonte, dass der Wirkmechanismus der eingesetzten Medikamente in Patientensprache zu übersetzen ist. Bei einem ACE-Hemmer könne man zum Beispiel sagen, dass das Arzneimittel wie ein Schutzschirm vor körpereigenen Stoffen wirkt, die den Blutdruck erhöhen. Ein Calciumkanal-Blocker lasse sich folgendermaßen erklären: Das Mittel erweitert Blutgefäße und das Herz wird geschont, sodass es nicht mehr so kräftig pumpen muss.
Das Referenten-Duo Dr. Hiltrud von der Gathen aus Recklinghausen und Steffen Schmidt aus Haltern am See gab wertvolle Tipps für die Beratung in der Apotheke. / Foto: PZ/Alois Mueller
Nebenwirkungen und die Angst der Patienten davor stehen einer erfolgreichen Arzneimitteltherapie häufig im Weg. Tritt eine bestimmte Nebenwirkung bei 1 Prozent der Patienten auf, rät Schmidt dazu, dem Patienten zu sagen, dass 99 von 100 Patienten nicht betroffen sind. Zudem wies er darauf hin, dass Apotheker dem Arzt auch einen Wirkstoffwechsel vorschlagen können, beispielsweise bei peripheren Ödemen unter Amlodipin. Unter einem anderen Calciumkanal-Blocker, nämlich Lercanidipin, trete diese Nebenwirkung viel seltener auf. Deshalb sei er eine gute Alternative. Auch bei Statin-assoziierten Muskelsymptomen sei der Wechsel auf ein anderes Statin oft eine erfolgreiche Maßnahme.
»Ein weiterer wichtiger Stolperstein ist ein unnötig kompliziertes Dosierschema«, sagte von der Gathen. Bei Arzneistoffen wie Amlodipin, Torasemid und Metoprolol sei eine einmal tägliche Einnahme ausreichend. Eine Aufteilung der Dosis sei aber vielfach erlebte Praxis. Auch ungünstige Einnahmezeitpunkte thematisierte die Referentin. Beispielsweise sei die abendliche Einnahme von Metoprolol problematisch, da der Wirkstoff die Melatoninsynthese im zentralen Nervensystem beeinflusst und so zu Schlafstörungen führen kann.
Ratsam ist es auch, die Patienten hinsichtlich der Lagerung von Medikamenten gut zu beraten. Schmidt wies zum Beispiel darauf hin, dass Nifedipin oder Enalapril lichtgeschützt, am besten im Blister, zu lagern sind. Andere Wirkstoffe, etwa Telmisartan oder Enalapril, seien hygroskopisch und sollten daher nicht in feuchten Räumen aufbewahrt werden.
Wie von der Gathen verdeutlichte, ist es sinnvoll, mit dem Patienten die Handhabung eines Nitrosprays zu besprechen. Grundsätzlich brauche der Patient zwei Packungen – eine für zu Hause und eine für unterwegs. Sie sollten immer griffbereit und bei maximal 25 Grad Celsius gelagert werden. Da ein Angina-pectoris-Anfall oft in den frühen Morgenstunden auftritt, empfahl die Referentin, das Spray auf dem Nachttisch zu lagern. Die Anwendung des Sprays sollte nicht im Liegen erfolgen, sondern am besten sitzend. Bei der Anwendung im Stehen sollte der Patient zumindest die Möglichkeit haben, sich anzulehnen.
»Sprechen Sie bei der Abgabe nicht von Notfallspray, sondern von Bedarfsspray«, empfahl von der Gathen. Denn die Anwendung sei auch zur Prophylaxe möglich. Patienten sollten mögliche Auslöser eines Anfalls wie Kälte und körperliche Belastung daher kennen. Ein weiterer Fehler in der Anwendung ist der Referentin zufolge, dass die Patienten zu geringe Dosen applizieren. Ein bis drei Hübe im Abstand von 30 Sekunden seien möglich. Darüber hinaus könne die Anwendung nach 10 Minuten wiederholt werden. »Bei bestehenden Symptomen nach 20 bis 30 Minuten liegt ein ärztlicher Notfall vor«, betonte die Apothekerin.
Regelmäßige Kontrollen sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie bei kardiovaskulären Erkrankungen. Patienten sollten angeleitet werden, Gewicht, Blutdruck und Puls regelmäßig selbst zu kontrollieren und dies auch zu dokumentieren. Wie die Referenten deutlich machten, sollte auch die Elektrolytwerte, etwa Kalium und Natrium, regelmäßig überprüft werden. Daran könne auch das Apothekenpersonal die Patienten erinnern.
Last but not least stellt die Informationsbeschaffung aus dem Internet heute oft einen weiteren Stolperstein für die Therapie dar. Von der Gathen und Schmidt machten deutlich, dass es oft nicht sinnvoll und teilweise gefährlich ist, Dr. Google nach Rat zu fragen. Manche im Internet erworbenen Präparate, die anstelle von oder zusätzlich zu verordneten Medikamenten eingenommen werden, könnten eine sichere Arzneimitteltherapie und die Gesundheit des Patienten gefährden.