Wie wirken endokrine Disruptoren? |
Phthalate werden industriell als sogenannte Weichmacher in Kunststoffen und Verpackungsmaterial sowie in Kosmetika eingesetzt (Tabelle 3). Insbesondere die Phthalatester DEHP, BBP, DBP und DiNP gelten als persistierende und akkumulierende Chemikalien (2).
Viele Erkenntnisse zur Wirkung von endogenen Disruptoren und Obesogenen stammen aus In-vitro-Modellen und Tierversuchen. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Aus Tierstudien ist bekannt, dass Phthalate in die Entwicklung und Reifung der Oozyten eingreifen und so die Fertilität beeinflussen können (14). Bei männlichen Tieren können sie die Testosteronsynthese stören und zu Testosteronmangel führen (3). Dabei sind mehrere Angriffspunkte beschrieben, von Bindung an Estrogen- und Androgenrezeptoren, Reduktion der Expression von Mineralocorticoidrezeptoren (Aldosteron-Rezeptoren) und PPAR-β-Induktion bis hin zur epigenetischen Regulation der Genexpression im Hoden (2, 3).
Doch nicht nur das Sexualhormonsystem scheint betroffen zu sein. So wurde auch gezeigt, dass Phthalate als Adjuvanzien wirken und in Gegenwart eines Allergens Atemwegs- und Entzündungsreaktionen fördern können (19).
Neben diesen Untersuchungen im Tier deuten auch epidemiologische Studien zur Wirkung im Menschen auf einen Zusammenhang von Phthalat-Exposition und allergischen Erkrankungen von Atemwegen, Auge und Haut hin (20).
Tributylzinnhydrid (TBT) ist eine metallorganische Verbindung des Zinns, die unter anderem zur Beschichtung von Textilien, Backblechen und Backpapier sowie für PVC-Bodenbeläge genutzt wird. Die Substanz führte in Tierstudien zu Fehlbildungen und induzierte im Froschmodell Fettleibigkeit, indem sie die Umwandlung von Hoden- in Fettzellen förderte, was die männliche Fertilität negativ beeinflusste (10).
Auch Benzophenone und 4-Methylbenzylidencamphor (4-MBC) als UV-Filter in Sonnenschutzpräparaten, das Antioxidans Butylhydroxytoluol (BHT) in Kosmetika und als Lebensmittelzusatzstoff (E321) oder Trioctyltrimellitat (TOTM), ein Phthalat-Ersatzstoff in Kunststoffteilen medizinischer Geräte, zeigen endokrine Wirkungen. Deshalb sind einige der Substanzen, zum Beispiel 4-MBC, in der EU für bestimmte Verwendungen nicht mehr zugelassen, andere stehen unter Beobachtung (1, 3).
Daneben sind mehr als zweihundert früher industriell genutzte Substanzen wie polychlorierte Dioxine und Furane sowie polychlorierte Biphenyle (PCB) seit mehr als zwei Jahrzehnten verboten. Rückstände lassen sich jedoch immer noch nachweisen. Sie haben sich insbesondere in Boden und Gewässersedimenten angereichert und gelangen über die Nahrungskette in den Körper. Die früher in der Produktion von Kunststoffen und Lacken eingesetzten Substanzen wurden ursprünglich wegen ihrer humantoxischen Wirkung verboten. Ebenso wurde das Insektizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) wegen des Verdachts auf Kanzerogenität verboten. Inzwischen wurde aber gezeigt, dass viele dieser Substanzen darüber hinaus als endokrine Disruptoren wirken (2, 21).