Wie steht es um Sicherheit und Wirksamkeit von CBD? |
Daniela Hüttemann |
21.01.2020 12:30 Uhr |
Entscheidend für die Wirkung von Medizinalcannabis ist das Verhältnis von THC und CBD. Letzteres erlebt auch als Einzelsubstanz in verschiedenen Produkten derzeit einen beispiellosen Hype als sanftes Wundermittel. / Foto: Getty Images/Athanasios Alatsidis
Der Umsatz mit CBD-Produkten soll weltweit in den kommenden Jahren auf mehr als 60 Milliarden US-Dollar steigen, schreibt die Suchtforscherin Dr. Yasmin Hurd in einem aktuellen Meinungsbeitrag zu Cannabidiol im Fachjournal »JAMA Psychiatry«. Hurd ist Professorin für pharmazeutische Wissenschaften, Neurowissenschaften und Psychiatrie sowie Direktorin des Addiction Institutes am angesehenen Mount-Sinai-Krankenhaus in New York. Allein in den USA sollen mehr als 1.000 verschiedene CBD-haltige Produkte auf dem Markt sein, auch wenn dort genau wie in Deutschland der rechtliche Status der meisten Präparate weiterhin unklar ist.
Weder die Wissenschaft noch die Behörden seien auf die riesige Nachfrage vorbereitet gewesen, kritisiert die Neurowissenschaftlerin. Sowohl die klinische Erforschung als auch die Gesetzgebung hinke Angebot und Nachfrage stark hinterher. Die große Frage sei nun, ob CBD nur ein großer Hype sei oder ob medizinisches Potenzial in dem Cannabinoid steckt.
CBD ist nur eines von schätzungsweise 140 Cannabinoiden in der Hanfpflanze, schreibt Hurd. Der komplette Wirkmechanismus sei noch nicht aufgeklärt. Belegt sei, dass es nicht stark an die endogenen Cannabinoid-Rezeptoren vom Typ 1 und 2 binde, anders als THC. Vermutet wird, dass CBD eher als negativer allosterischer Modulator an den CB-Rezeptoren fungiert und im Gegensatz zu THC inhibitorische Effekte vermittelt. Zudem scheint CBD ein kompetitiver Antagonist am G-Protein gekoppelten Rezeptor 55 zu sein und soll darüber hinaus modulierend auf die Signalwege von Opioiden, Serotonin und Adenosin wirken. Zur Applikation schreibt die Expertin, dass CBD oral eingenommen eine geringe Bioverfügbarkeit hat, vor allem durch einen extensiven First-Pass-Metabolismus.
Besonders beliebt sei CBD derzeit bei psychiatrischen Erkrankungen, schreibt Hurd. CBD habe im Gegensatz zu THC keine psychomimetischen Eigenschaften und könne psychotische Symptome tatsächlich reduzieren. Auch kann es helfen, Suchtverhalten bei anderen Substanzen zu lindern und wirkt vermutlich angstlösend. Als bewiesen gilt die antikonvulsive Wirkung. Eine Vielzahl weiterer biologischer Effekte wird diskutiert, zum Beispiel eine antientzündliche Wirkung.
Auch wenn es bislang nur wenige Daten aus randomisierten, placebokontrollierten Studien zur Wirksamkeit in bestimmten Indikationsgebieten gibt, zeigen die vorliegenden Untersuchungen zumindest ein gutes Sicherheitsprofil. CBD wird im allgemeinen gut vertragen, ist aber nicht komplett nebenwirkungsfrei, wie manch ein Hersteller propagiert. Gastrointestinale Symptome wie Durchfall können auftreten. In Studien mit dem rein CBD-haltigen Fertigarzneimittel Epidyolex® traten unter anderem erhöhte Leberwerte auf, allerdings nahmen die Patienten auch Antiepileptika ein.
»Es fehlen noch systematische Studien, ob die generelle Sicherheit auch für andere Applikationswege als die orale Einnahme gilt und wie CBD mit Medikamenten interagieren könnte, die über die gleichen CYP-Enzyme verstoffwechselt werden«, schreibt die Suchtforscherin.
Das belegte Sicherheitsprofil gilt im Übrigen nur für zugelassene Medikamente und definierte Präparate in pharmazeutischer Qualität. Wie genau es um die Qualität und Sicherheit der unregulierten Produkte aussieht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Da wurden schon deutlich abweichende von den deklarierten CBD- und THC-Gehalten gefunden, synthetische Cannabinoide mit psychotischem Potenzial waren zugesetzt, von Pestiziden, Schimmel, Blei und anderen Verunreinigungen ganz zu schweigen.
»Ein unregulierter Markt stellt eine signifikante Bedrohung der öffentlichen Gesundheit dar«, warnt Hurd. Die Produkte sollten zumindest angemessene Qualitätskontrollen bei der Herstellung durchlaufen, inklusive standardisierter Tests auf die Inhaltsstoffe mit genauer Kennzeichnung.
Neben einer schärferen Regulierung und Kontrolle fordert Hurd große klinische Studien mit CBD, vor allem für psychiatrische Patienten, die oft genug mangels verfügbarer valider Therapie zur Selbstmedikation mit dem Cannabinoid greifen.