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Boosterungen

Wie sinnvoll sind Auffrischimpfungen gegen Covid-19?

Ab September sollen in Deutschland bestimmte Bevölkerungsgruppen Auffrischimpfungen gegen Covid-19 erhalten. Ist das nötig und sind hierfür variantenspezifische Coronaimpfstoffe besser geeignet als die derzeit verfügbaren?
Christina Hohmann-Jeddi
04.08.2021  16:35 Uhr

Die Gesundheitsministerkonferenz hat am Montag eine Regelung zu Covid-19-Auffrischimpfungen beschlossen. Demnach soll ab September »im Sinne einer gesundheitlichen Vorsorge in Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen der Eingliederungshilfe und weiteren Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen« eine Auffrischimpfung angeboten werden. Die dritte Dosis soll ein mRNA-Impfstoff sein. Zudem soll auch allen vollständig mit einem Vektorimpfstoff von Astra-Zeneca oder Janssen (Johnson & Johnson) geimpften Personen eine mRNA-Impfung als Booster angeboten werden. Über wichtige Fragen zu diesen Auffrischungen sprachen Expertinnen und ein Experte heute bei einer Veranstaltung des Science Media Center (SMC) Deutschland.

»Die Titer von Antikörpern, die nach Coronavirus-Infektion oder nach Impfungen gebildet werden, sinken nach einer Weile ab«, erklärte Dr. Christine Dahlke vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Das sei ganz normal und schon von anderen Erkrankungen lange bekannt. Die Antikörpertiter lassen sich aber durch eine weitere Impfung wieder deutlich erhöhen. »Diese Antikörper bleiben dann auch.« Ein typisches Impfschema seien daher drei Gaben nach 0, 1 und 6 Monaten, sagte Dahlke. Das Gute sei aber, dass neben den Antikörpern auch T-Zellen gebildet werden, die eine wichtige Rolle beim Immunschutz spielen. »Es heißt also nicht, dass Geimpfte mit niedrigen oder fehlenden Antikörpertitern nicht geschützt sind.«

Die zelluläre Immunantwort auf die Gabe des mRNA-Impfstoffs Comirnaty® von Biontech/Pfizer hat Dr. Maike Hofmann von der Universität Freiburg mit ihrer Arbeitsgruppe untersucht. Die Ergebnisse erschienen vor Kurzem im Fachjournal »Nature«. »Wir sehen, dass die T-Zellen sehr früh nach der ersten Impfung schon induziert werden, im Blut nachweisbar und schon voll funktional sind«, sagte Hofmann. Das Auftreten der T-Zellen stimme auch mit der Zeit überein, zu der ein erster Immunschutz durch die Impfung einsetze – noch bevor relevante Titer von neutralisierenden Antikörpern nachzuweisen seien. Nach der zweiten Impfung erhöhe sich die Zahl der T-Zellen noch, dann sei eine leichte Abnahme zu erkennen, berichtete Hofmann. Da das Team nur Proben bis drei oder vier Monate nach der zweiten Impfung ausgewertet habe, könne noch keine abschließende Aussage über die Dauer des Immunschutzes getroffen werden. Zu erkennen sei aber, dass sich klassische Gedächtniszellen ausbilden, die dann bei einem weiteren Kontakt mit dem Virus wieder aktiv werden können.

Wie lange welche Personengruppen durch eine Covid-19-Impfung geschützt seien, lasse sich derzeit noch nicht beantworten, stellte Professor Dr. Leif Erik Sander von der Berliner Charité klar. Man habe aber früh gemerkt, dass bestimmte Gruppen wie stark Immunsupprimierte oder Senioren auf die konventionelle Impfung mit zwei Dosen deutlich schwächer ansprechen als der Durchschnitt. Bei einer Kohorte von Seniorinnen mit einem Durchschnittsalter von 81 Jahren beispielsweise hatte ein erheblicher Anteil vier Wochen nach Zweitimpfung kaum messbare Antikörpertiter, berichtete der Mediziner. Gerade mit Blick auf die sich durchsetzende Delta-Variante, die leichter übertragbar und pathogener als andere Varianten ist und Anzeichen eines Immunescapes aufweist, kann ein Boostern in vulnerablen Gruppen sinnvoll sein, um Impfdurchbrüche zu verhindern.

Wie lässt sich der Immunschutz von Einzelpersonen beurteilen?

Erste Daten zeigten, dass eine Korrelation zwischen dem Titer der neutralisierenden Antikörper und dem Schutz vor symptomatischer Infektion bestehe, sagte Sander. Noch sei aber kein exaktes Korrelat bestimmt worden. Zudem ist der Titer als Marker aufgrund der beschriebenen Dynamik problematisch. T-Zellen oder Gedächtniszellen ließen sich für Studienzwecke in Speziallaboren, aber nicht in der klinischen Routine nachweisen, sagte der Mediziner. Als Alternative für Antikörpertiter können sie damit nicht dienen. Bei Personen, bei denen eine schwache Immunantwort vermutet wird, könne es durchaus sinnvoll sein, den Antikörpertiter zu bestimmen und ihnen gegebenenfalls eine dritte Dosis anzubieten.

Sollte ein Booster aufgrund der neuen Virusvarianten, die seit Entwicklung der ersten Impfstoffe entstanden sind, nicht besser mit einem variantenspezifischen Impfstoff erfolgen? Angepasste Impfstoffe werden von Biontech/Pfizer, Moderna und Astra-Zeneca bereits in Studien untersucht, sagte Dahlke. Die Ergebnisse stünden noch aus. Allerdings befinden sich jeweils Anpassungen an die Beta-Variante des Virus in der klinischen Prüfung und nicht an die Delta-Variante, die inzwischen in Deutschland die dominante Variante geworden ist.

Durch ein Boostern mit dem regulären Impfstoff ließen sich die Antikörpertiter so weit erhöhen, dass ein Schutz auch gegen Varianten mit leichtem Immunescape gegeben sei, sodass Auffrischungen mit variantenspezifischen Impfstoffen vermutlich nicht nötig seien. Zumal die Antigene des Coronavirus, die von T-Zellen erkannt werden, nicht verändert seien, ergänzte Hofmann.

Booster für mit Vektorimpfstoff Geimpfte

Auch mit Vektorimpfstoffen Geimpfte sollen ab September eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten können. Den bisherigen Daten zufolge induzieren Vektorimpfstoffe eine schwächere Antikörperantwort als mRNA-Impfstoffe, sagte Hofmann, aber eine gute T-Zellantwort. Durch eine Boosterung mit einem mRNA-Impfstoff lassen sich die Antikörpertiter deutlich nach oben treiben. Diese Boosterung könne für die Kontrolle des Infektionsgeschehens in Deutschland sinnvoll sein, sagte Dahlke. Für dringend notwendig halte sie sie aber nicht.

Ohnehin sind Auffrischungen ein Luxus. So wies Sander auf das ethische Dilemma hin, das sich ergibt, wenn aus medizinisch zu rechtfertigenden Gründen Personengruppen mit einer dritten Dosis versorgt werden, während in anderen Teilen der Welt aufgrund des dortigen Impfstoffmangels nicht einmal Erstimpfungen vorgenommen werden können. Covid-19-Impfstoffe müssten jetzt verstärkt in diese bisher unterversorgten Regionen geliefert werden, forderte der Mediziner, und zwar aus humanitären Gründen und nicht aus Sorge vor weiteren Mutanten.

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