Wie sinnvoll sind Auffrischimpfungen gegen Covid-19? |
Christina Hohmann-Jeddi |
04.08.2021 16:35 Uhr |
Erste Daten zeigten, dass eine Korrelation zwischen dem Titer der neutralisierenden Antikörper und dem Schutz vor symptomatischer Infektion bestehe, sagte Sander. Noch sei aber kein exaktes Korrelat bestimmt worden. Zudem ist der Titer als Marker aufgrund der beschriebenen Dynamik problematisch. T-Zellen oder Gedächtniszellen ließen sich für Studienzwecke in Speziallaboren, aber nicht in der klinischen Routine nachweisen, sagte der Mediziner. Als Alternative für Antikörpertiter können sie damit nicht dienen. Bei Personen, bei denen eine schwache Immunantwort vermutet wird, könne es durchaus sinnvoll sein, den Antikörpertiter zu bestimmen und ihnen gegebenenfalls eine dritte Dosis anzubieten.
Sollte ein Booster aufgrund der neuen Virusvarianten, die seit Entwicklung der ersten Impfstoffe entstanden sind, nicht besser mit einem variantenspezifischen Impfstoff erfolgen? Angepasste Impfstoffe werden von Biontech/Pfizer, Moderna und Astra-Zeneca bereits in Studien untersucht, sagte Dahlke. Die Ergebnisse stünden noch aus. Allerdings befinden sich jeweils Anpassungen an die Beta-Variante des Virus in der klinischen Prüfung und nicht an die Delta-Variante, die inzwischen in Deutschland die dominante Variante geworden ist.
Durch ein Boostern mit dem regulären Impfstoff ließen sich die Antikörpertiter so weit erhöhen, dass ein Schutz auch gegen Varianten mit leichtem Immunescape gegeben sei, sodass Auffrischungen mit variantenspezifischen Impfstoffen vermutlich nicht nötig seien. Zumal die Antigene des Coronavirus, die von T-Zellen erkannt werden, nicht verändert seien, ergänzte Hofmann.
Auch mit Vektorimpfstoffen Geimpfte sollen ab September eine Auffrischung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten können. Den bisherigen Daten zufolge induzieren Vektorimpfstoffe eine schwächere Antikörperantwort als mRNA-Impfstoffe, sagte Hofmann, aber eine gute T-Zellantwort. Durch eine Boosterung mit einem mRNA-Impfstoff lassen sich die Antikörpertiter deutlich nach oben treiben. Diese Boosterung könne für die Kontrolle des Infektionsgeschehens in Deutschland sinnvoll sein, sagte Dahlke. Für dringend notwendig halte sie sie aber nicht.
Ohnehin sind Auffrischungen ein Luxus. So wies Sander auf das ethische Dilemma hin, das sich ergibt, wenn aus medizinisch zu rechtfertigenden Gründen Personengruppen mit einer dritten Dosis versorgt werden, während in anderen Teilen der Welt aufgrund des dortigen Impfstoffmangels nicht einmal Erstimpfungen vorgenommen werden können. Covid-19-Impfstoffe müssten jetzt verstärkt in diese bisher unterversorgten Regionen geliefert werden, forderte der Mediziner, und zwar aus humanitären Gründen und nicht aus Sorge vor weiteren Mutanten.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.