Wie lange ist Covid-19 ansteckend? |
Theo Dingermann |
28.07.2022 13:00 Uhr |
Die nachvollziehbare Empfehlung, einen negativen Selbsttest als Kriterium für das Ende der Selbstisolation zu verwenden, wird in gewisser Weise dadurch konterkariert, dass in vielen Ländern, so auch in Deutschland, die Lockerung der Isolationsrichtlinien mit der Abschaffung der Kostenübernahme der Schnelltests zusammenfiel.
Wie problematisch das sein kann, zeigen die Ergebnisse einer neu erschienenen wissenschaftlichen Arbeit, in der untersucht wurde, ob eine symptombasierte Empfehlung zur Selbstisolierung für Omikron BA.1 und BA.2 als angemessen angesehen werden kann. Hier untersuchten Hermaleigh Townsley vom Francis Crick Institute in London und Kollegen die Korrelation zwischen Symptombelastung und der Viruskinetik bei geimpften Erwachsenen, die sich mit den SARS-CoV-2-Varianten Delta, BA.1 und BA.2 infiziert hatten.
Diese Forschenden kommen zu dem Schluss, dass sich die Isolierungsempfehlungen nicht ausschließlich nach dem Schweregrad der Symptome richten sollten. So verursachten die Omikron-Varianten teils so milde Symptome, dass diese nicht die Viruslast widerspiegelten, was dazu führe, dass eine Selbstisolation zu früh zu beendet werde. Vor allem ist es daher nach Meinung der Autoren notwendig, Maßnahmen an der Übertragbarkeit der aktuell zirkulierenden Virusvarianten auszurichten. Dies wiederum erfordert unter Umständen eine Anpassung der Isolierungsempfehlungen, wenn neue Varianten auftauchen.
Dieser Einschätzung stimmt auch der Immunologe und Infektiologe Professor Dr. Yonatan Grad von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston zu, der sich ebenfalls wissenschaftlich mit dem Problem beschäftigt hat. Ähnlich wie die Londoner Wissenschaftler favorisiert er idealerweise eine zehntägige Isolation als wissenschaftlich basierte Faustregel. Aber selbst dann, so warnt er, werde man nicht jeden isolieren können, der noch infektiös ist.
Eine unerwartete Komplikation des Problems wird durch das beobachtete »Rebound-Phänomen« beim Einsatz des Virostatikums Paxlovid® verursacht: »Bei Menschen, die mit Paxlovid behandelt werden, sehen wir das Phänomen, dass deren Symptome sich zu bessern scheinen und bei ihnen auch ein Schnelltest negativ ausfällt, dass aber dann ein paar Tage später die Symptome zurückkommen und auch wieder Virus nachweisbar ist.«
»Antivirale Medikamente verändern die Dynamik von Symptomen, der Immunantwort und der Virusausscheidung«, sagt auch Barczak. »Ich denke, das zu kommunizieren ist wirklich wichtig, weil die Leute draußen denken, dass sie nach zehn Tagen nicht mehr ansteckend sind. Aber wenn sie einen Paxlovid-Rebound haben, kann das ein Trugschluss sein.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.