Wie lässt sich das Gehirn am besten trainieren? |
Ob Schach oder Memory: Spielen trainiert das Gehirn auf vielfältige Weise. Nicht umsonst stehen auf vielen Spielen Altersangaben wie »4 bis 99+«. / Foto: Getty Images/Halfpoint Images
«Wir verstehen nicht wirklich, was im Gehirn passiert, wenn wir eine bestimmte Gehirnleistung trainieren», sagt Professor Dr. Emrah Düzel, Direktor am Institut für kognitive Neurologie und Demenzforschung, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Wir wissen im Grunde nicht mal, wo genau die Prozesse ablaufen.»
Was laut Düzel aber in aller Regel funktioniert: eine bestimmte Fertigkeit zu trainieren. Zum Beispiel, sich Telefonnummern zu merken. Wie sich das aber auf andere Prozesse oder Teile des Gehirns auswirkt, ist noch weitgehend unklar. Die Forschung hat sich daher das Ziel gesetzt, herausfinden, was die Gehirnleistung generell trainieren könnte.
Auch wenn die Wissenschaft noch viele offene Fragen sieht: Es gibt Trainingsprogramme für das Gehirn auf den Markt, zum Teil mit vollmundigen Versprechungen. Die sieht Neurologe Düzel skeptisch. Andererseits könne man nichts falsch machen, wenn man das Gehirn stimuliere, glaubt er. Sinnvoll kann das nach einem Schlaganfall sein, bei Konzentrationsproblemen nach einer Narkose, aber auch einfach so im Alltag. Und es muss gar nicht kompliziert sein.
Schon vor 150 Jahren habe ein amerikanischer Arzt einem Politiker mit Gedächtnisproblemen einen Auftrag gegeben: Er sollte jeden Abend seiner Frau erzählen, wen er am Tag alles getroffen habe. «Das hat der Mann über mehrere Jahre gemacht», sagt Düzel. Dadurch habe er sich besser erinnern können. Warum das so war, darüber gibt es Diskussionen. «Entweder war sein Gedächtnis besser geworden», sagt Düzel, «oder er hat über die Zeit Strategien entwickelt, wie er sich auf bestimmte Inhalte konzentrieren konnte, und damit die Informationen besser wahrgenommen und gespeichert.» Letztlich sei das aber egal, solange es helfe.
«Das Kurzzeitgedächtnis kann man trainieren, das Langzeitgedächtnis nicht», sagt der Psychologe Peter Sturm. Er ist einer der Gründer der Gesellschaft für Gehirntraining und dort zuständig für die Aus- und Fortbildung von Trainerinnen und Trainern. Gehirntraining geht für ihn aber über reine Gedächtnisübungen wie das Merken von Telefonnummern hinaus.
«Modernes Gehirntraining erhöht und stabilisiert die Grundfunktionen der mentalen Leistungsfähigkeit», sagt er. «Das ist der Langzeiteffekt, kurzzeitig macht uns das Training schneller und aufmerksamer.» Zumindest bis zum Alter von 80 bis 85 Jahren sei das durch Studien belegt. Demenz werde mit Gehirntraining zwar nicht aufgehalten, aber die verbleibenden Strukturen im Gehirn würden gestärkt. Und wie genau gelingt das?
«Alles, was neu ist, weckt das Gehirn auf», sagt der Psychologe. «Sie können Dinge, die Sie im Alltag tun, einfach mal ein bisschen anders machen.» Versuchen Sie zum Beispiel einmal, einen Text zu lesen, wenn Sie ihn falsch herum halten. Oder eine Handvoll Zeilen darauf durchgehen, wie oft der Buchstabe «n» auf ein «e» folgt. Außerdem können Sie das Radio leiser stellen und versuchen, sich das Gesagte zusammenzureimen.