Wie die Osteoporose-Therapie heute aussieht |
Calcium und Vitamin D liefern wichtige Beiträge für die Knochengesundheit. Zudem ist ein Vitamin-D-Mangel ein gesicherter Risikofaktor für Stürze, Knochenabbau und Frakturen bei Über-65-Jährigen. Aktuelle Studiendaten und Metaanalysen zur Calcium- und Vitamin-D-Supplementation haben allerdings bei Ärzten, Apothekern und Patienten zu Verunsicherung und zum Hinterfragen von Richtlinien geführt, unter anderem weil die Grundregel gekippt wurde, wonach die Calcium-Supplementation in jedem Fall sinnvoll und angezeigt ist.
Noch vor einiger Zeit galt die Empfehlung, dass insbesondere ältere Personen zur Vorbeugung von Osteoporose-Frakturen mindestens 1.000 bis 1.200 mg Calcium pro Tag in Form von Supplementen zusätzlich zur täglichen Nahrung aufnehmen sollten. Der Nutzen einer solchen Supplementierung wurde nicht zuletzt durch zwei Metaanalysen neuseeländischer Forscher aus dem Jahr 2015 infrage gestellt (3, 4). Die Studienautoren folgerten aus ihren Ergebnissen, dass eine gesteigerte Calciumaufnahme nicht wesentlich mit der Knochendichte und dem Frakturrisiko assoziiert ist, weshalb sie bei knochengesunden Menschen keine Supplementierung mehr empfehlen.
Die Leitlinie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften (DVO) »Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern, 2017« trägt dieser Einschätzung Rechnung und unterscheidet beim Thema Calcium zwei Gruppen von Osteoporose-Patienten (1).
Für Patienten ohne spezifische Pharmakotherapie der Osteoporose wird eine Zufuhr von 1.000 mg Calcium täglich ausschließlich mit der Nahrung empfohlen. Eine Supplementierung sollte nur dann erfolgen, wenn die empfohlene Zufuhr mit der Nahrung nicht erreicht wird. Dies sollte im Bedarfsfall durch spezielle Fragebögen zur Ernährung überprüft werden. Eine Supplementierung mit 800 bis 1.000 Einheiten Vitamin D3 täglich wird jedoch auch diesen Patienten empfohlen.
Aufgrund der Möglichkeit von Hypokalzämien unter einer antiresorptiven Therapie der Osteoporose ist eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D bei allen Patienten, die eine solche Medikation (zum Beispiel Bisphosphonate, Denosumab) erhalten, besonders wichtig. Vor allem bei parenteralen Antiresorptiva empfiehlt die aktuelle Leitlinie vor einer Anwendung eine tägliche Gesamtzufuhr von mindestens 1.000 mg Calcium und eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D, gegebenenfalls durch Vortherapie mit Calcium und Vitamin D, sicherzustellen (1).
Schwerer Vitamin-D-Mangel führt zur Beeinträchtigung des Skelettsystems, weshalb eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D unerlässlich ist (Kasten 2). Die Definition des Vitamin-D-Mangels ist jedoch nicht präzise beziehungsweise umstritten, nicht zuletzt deshalb, weil die eingesetzten Labormethoden teils ungenau und vor allem nicht harmonisiert sind. Einigkeit gibt es dahingehend, dass ein 25-OH-Vitamin-D-Spiegel unter 12 ng/ml als behandlungsbedürftig gilt. Dagegen werden Werte über 20 ng/ml in der Regel als ausreichend angesehen, weshalb keine Substitution notwendig ist.
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Vitamin D ist ein Überbegriff für alle Vitamin-D-Metabolite. Ungeachtet seines Namens ist es kein Vitamin, sondern ein Hormon, das zu einem geringen Teil über die Nahrung aufgenommen und zum größten Teil in der Haut gebildet wird. Das inaktive Prohormon Vitamin D3 (Cholecalciferol) entsteht unter der Einwirkung von UVB-Strahlen (280 bis 320 nm) in der Haut und wird in der Leber zur ebenfalls inaktiven Hormonvorstufe 25-Hydroxy-Vitamin D3 (25-OH-Vitamin D, Calcidiol) hydroxyliert. Anschließend erfolgt in der Niere die Umwandlung zum aktiven Metaboliten 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol), der zusammen mit Parathormon und Fibroblast-Growth-Factor 23 (FGF23) den Calcium- und Phosphatstoffwechsel steuert. Vitamin D steuert über den nukleären Vitamin-D-Rezeptor die Expression verschiedener Gene. Mehr dazu lesen Sie im Titelbeitrag der PZ 16/2020.