Werden bivalente Coronaimpfstoffe überhaupt gebraucht? |
Theo Dingermann |
12.01.2023 14:30 Uhr |
Ganz anders argumentiert Professer Dr. Eric Topol, der anfangs ebenfalls zu den Skeptikern der Zulassung bivalenten Impfstoffe zählte, vor allem, weil die Zulassung ohne jegliche Humandaten erfolgte. Er erläutert aktuell seine Sicht in einem Meinungsbeitrag auf »Ground Truths«. Anders als Offit hat Topol seine Meinung geändert, da er anerkennt, dass nun doch umfangreiche Daten vorliegen, die einen Einsatz der bivalenten Impfstoffe rechtfertigen.
Zum einen handelt es sich bei diesen Daten um Bewertungen neutralisierender Antikörperreaktion gegen verschiedene SARS-CoV-2-Varianten auf bivalente an die BA.4-5-Variante angepasste Impfstoffe im Vergleich zu den ursprünglichen, gegen den Wuhan-Stamm gerichteten Impfstoffen. Acht solche Studien liegen mittlerweile vor. Fünf dieser Studien wurden mithilfe von Lebendviren durchgeführt. Diese Daten gelten als zuverlässiger als Daten, die mithilfe von Pseudoviren erhoben wurden.
Alle diese Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die bivalenten Coronaimpfstoffe nicht nur eine bessere neutralisierende Antikörperreaktion gegen BA.5 induzieren. Sondern die Studien mit Lebendviren belegten auch eine zirka fünffach bessere XBB-Neutralisierungskapazität nach Verabreichung der bivalenten Impfstoffe im Vergleich zu den monovalenten Impfstoffen.
Relevanter sind nach Topols Aussagen Real-World-Daten, die an geimpften Probanden erhoben wurden. Hier ist besonders eine israelische Studie erwähnenswert, über die auch die PZ berichtete. Bei Patienten, die mit einer bivalenten Vakzine geimpft waren, lagen im Vergleich zu Probanden, die nicht mit diesem Impfstofftyp geimpft waren, die Covid-19-Krankenhauseinweisungen um 81 Prozent und die Zahl der durch Covid-19 verursachten Todesfälle um 86 Prozent niedriger.
Diese Daten, so Topol, stimmen sehr gut überein mit Daten, die das »Center for Disease Control and Prevention« (CDC) in seinem wöchentlichen Bericht am 30. Dezember 2022 publizierte. Danach wiesen Personen ab 65 Jahren, die mit einem bivalenten Impfstoff geboostert waren, gegenüber Personen, die nur einen monovalenten Impfstoff erhalten hatten, einen deutlichen Schutz vor Covid-19 bedingten Krankenhauseinweisungen von 73 bis 84 Prozent auf. Ein zweiter Bericht bezog sich auf alle Erwachsenen ab 18 Jahren und zeigte eine Wirksamkeit der bivalenten Auffrischungsimpfung von 38 bis 57 Prozent mit Blick auf Covid-19 bedingte Krankenhauseinweisungen.
Schließlich erwähnt Topol auch noch eine CDC-Studie, die die Behörde am 28. Dezember 2022 veröffentlichte. Hier zeigte sich für Personen ab 65 Jahren im November 2022 ein 90-prozentiger Rückgang der Krankenhauseinweisungen für mit den bivalenten mRNA-Vakzinen Geimpfte im Vergleich zu Ungeimpften. Zudem besaßen Ungeimpfte ein 13,5-fach erhöhtes Risiko für Covid-19 bedingte Krankenhauseinweisung.
Die Senioren, die mit einem monovalenten Impfstoff geboostert worden waren, mussten nach diesen Daten ein 2,5-fach erhöhtes Risiko für Covid-19 bedingte Krankenhauseinweisung in Kauf nehmen. Diese Daten belegen vor allem die Überlegenheit der bivalenten Impfstoffe gegen die BQ.1.1-Variante, die im Untersuchungszeitraum dominant war.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.