Wer sticht denn hier – und nicht dort? |
Stechmücken aus tropischen Gefilden sind hierzulande schon anzutreffen, ihre Viren können jedoch noch nicht ganzjährig zirkulieren und sich verbreiten. / Foto: Adobe Stock/Olga Yastremska, New Africa
Für blutsaugende Insekten wie Stechmücken ist der Sommer aufgrund ihrer Biologie Vermehrungszeit und damit Essenszeit. Sobald das Mückenweibchen befruchtet ist, muss es Proteine (Hämoglobin) und Eisen zu sich nehmen, ansonsten können sich die Eier nicht entwickeln. Diese Nährstoffe holt sich das Weibchen aus menschlichem Blut. Die Tatsache, dass sich der Mensch quasi auf dem Präsentierteller – im Freien, leicht bekleidet mit T-Shirt und nackten Beinen – zeigt, macht es den Mücken leicht, Nahrung zu finden.
In Deutschland sind derzeit mehr als 50 verschiedene Arten von stechenden Mücken und Fliegen bekannt, überwiegend der Gattungen der Aedes und Culex angehörend. Sich ändernde Umweltbedingungen sorgen dafür, dass vermehrt nicht einheimische, wärmeliebende Stechmückenarten eingeschleppt werden.
»Die Asiatische Tigermücke und die Gelbfiebermücke sind die größten Profiteure der Globalisierung und des Klimawandels«, sagte Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bei einer Pressekonferenz des Centrums für Reisemedizin im März. Erderwärmung und der zunehmende Reise- und Warenverkehr haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich diese beiden Mückenarten über den ganzen Globus ausgebreitet haben.
In Europa, auch in Deutschland, sei es vor allem die tagaktive Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) mit der charakteristischen schwarz-weißen Zeichnung, die sich breit macht, informierte der Experte. »Wir werden die Tigermücke hier nicht mehr loswerden. Sie hat besondere Relevanz, weil sie sich vom Südwesten ausgehend immer weiter in nördliche Gefilde vorarbeitet und eine ganze Reihe von Arboviren übertragen kann.« Arboviren ist der Sammelbegriff für durch Stechmücken übertragene Viren.
Aber: Durch sie übertragene Viren hätten bislang keine stabilen Populationen bilden können, stellte er klar. Dengue-, Chikungunya- oder Zika-Viren sind in unseren Gefilden nicht endemisch. Bisherige Fälle von Dengue- oder Chikungunya-Fieber waren Importe. »In Deutschland haben wir den Vorteil, dass auch in 50 Jahren noch nicht durchgehend im Jahr so hohe Temperaturen herrschen werden, dass eine ganzjährige Virus-Zirkulation und -Ausbreitung zustande kommt«, schätzt der Virologe das Szenario ein. Erst wenn die Temperaturen über längere Zeit tagsüber um die 30 °C lägen und die Nächte warm seien, könnten die Viren länger in den Mücken zirkulieren und bei einem Stich dann auch eher auf den Menschen übertragen werden. Dann könne ein Infizierter über die Mücke, die ihn sticht, mehrere andere Menschen anstecken.