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Wer sticht denn hier – und nicht dort?

Hierzulande waren bislang Mücken und ihre Hinterlassenschaften auf der Haut vor allem lästig. Nun könnten sie durch sich ausbreitende tropische Arten auch gesundheitsgefährdend werden. Wie hoch ist das Infektionsrisiko derzeit und wie sieht die richtige Soforthilfe bei Mückenstichen aus?
AutorKontaktElke Wolf
Datum 19.07.2024  10:30 Uhr

Für blutsaugende Insekten wie Stechmücken ist der Sommer aufgrund ihrer Biologie Vermehrungszeit und damit Essenszeit. Sobald das Mückenweibchen befruchtet ist, muss es Proteine (Hämoglobin) und Eisen zu sich nehmen, ansonsten können sich die Eier nicht entwickeln. Diese Nährstoffe holt sich das Weibchen aus menschlichem Blut. Die Tatsache, dass sich der Mensch quasi auf dem Präsentierteller – im Freien, leicht bekleidet mit T-Shirt und nackten Beinen – zeigt, macht es den Mücken leicht, Nahrung zu finden.

In Deutschland sind derzeit mehr als 50 verschiedene Arten von stechenden Mücken und Fliegen bekannt, überwiegend der Gattungen der Aedes und Culex angehörend. Sich ändernde Umweltbedingungen sorgen dafür, dass vermehrt nicht einheimische, wärmeliebende Stechmückenarten eingeschleppt werden.

»Die Asiatische Tigermücke und die Gelbfiebermücke sind die größten Profiteure der Globalisierung und des Klimawandels«, sagte Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin bei einer Pressekonferenz des Centrums für Reisemedizin im März. Erderwärmung und der zunehmende Reise- und Warenverkehr haben in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass sich diese beiden Mückenarten über den ganzen Globus ausgebreitet haben.

In Europa, auch in Deutschland, sei es vor allem die tagaktive Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) mit der charakteristischen schwarz-weißen Zeichnung, die sich breit macht, informierte der Experte. »Wir werden die Tigermücke hier nicht mehr loswerden. Sie hat besondere Relevanz, weil sie sich vom Südwesten ausgehend immer weiter in nördliche Gefilde vorarbeitet und eine ganze Reihe von Arboviren übertragen kann.« Arboviren ist der Sammelbegriff für durch Stechmücken übertragene Viren.

Aber: Durch sie übertragene Viren hätten bislang keine stabilen Populationen bilden können, stellte er klar. Dengue-, Chikungunya- oder Zika-Viren sind in unseren Gefilden nicht endemisch. Bisherige Fälle von Dengue- oder Chikungunya-Fieber waren Importe. »In Deutschland haben wir den Vorteil, dass auch in 50 Jahren noch nicht durchgehend im Jahr so hohe Temperaturen herrschen werden, dass eine ganzjährige Virus-Zirkulation und -Ausbreitung zustande kommt«, schätzt der Virologe das Szenario ein. Erst wenn die Temperaturen über längere Zeit tagsüber um die 30 °C lägen und die Nächte warm seien, könnten die Viren länger in den Mücken zirkulieren und bei einem Stich dann auch eher auf den Menschen übertragen werden. Dann könne ein Infizierter über die Mücke, die ihn sticht, mehrere andere Menschen anstecken.

Tropenvirus an der Spree

Doch Achtung: Auch einheimische Arten können humanpathogene Arboviren übertragen. Die Gemeine Hausmücke (Culex pipiens), die am weitesten verbreitete Art in Deutschland, kann von infizierten Vögeln das West-Nil-Virus aufnehmen und dieses auf den Menschen – eigentlich ein Fehlwirt – übertragen. »Da unsere heimische Hausmücke Überträger ist, kann man nicht von einer invasiven Art sprechen«, sagte Schmidt-Chanasit.

Das West-Nil-Virus wurde erstmals im Sommer 2018 in Deutschland nachgewiesen. In den vergangenen Jahren gab es in Deutschland vereinzelte Fälle von Übertragungen durch die Gemeine Hausmücke auf den Menschen; ein Mann in Berlin kam zu Tode. Laut Schmidt-Chanasit ist das West-Nil-Virus ein Beispiel dafür, dass ein Erreger, der lange auf tropische Klimazonen beschränkt war, sich zumindest jahreszeitenabhängig in Deutschland etablieren kann. »Sein Verbreitungsvektor ist aber ganz anders als der von Dengue-, Chikungunya- und Zika-Viren: West-Nil-Viren konnten sich sehr effizient über Zugvögel verbreiten. Inzwischen haben sie sich in hiesigen Vogelpopulation festgesetzt.«

Schmidt-Chanasit erwartet in Zukunft kleinere Cluster an Ausbrüchen für den Spätsommer, die im Herbst wieder vorüber sind. Aufgrund veränderter Vogelflugrouten fürs Überwintern »treten die Infektionsherde beim Menschen im Spätsommer auf, weil sich die Mücken dann bei den Vögeln infizieren. Das West-Nil-Virus wird bei uns also nicht endemisch werden«.

Infektionen verlaufen fast immer sehr mild, oft sogar asymptomatisch, informierte der Tropenmediziner. Mit einer Manifestation von 1 zu 50 entwickeln Infizierte Beschwerden, die einer Sommergrippe mit Fieber, Muskelschmerzen und geschwollenen Lymphknoten gleichen. Mit einer Manifestation von 1 zu 50 verläuft die Erkrankung sehr schwer, in neuroinvasiver Form, die mit einer Meningoenzephalitis oder Enzephalitis einhergeht. Vor allem Menschen über 50 Jahren reagierten mit schweren Verläufen und Folgeschäden. Bei der Diagnose sei man freilich auf aufmerksame Hausärzte angewiesen, die das West-Nil-Virus als potenzielle Erkrankungsursache bei ihren Patienten erkennen und die entsprechenden Proben einschicken. Die Entwicklung eines Impfstoffes stecke noch in den Kinderschuhen.

Soforthilfe gegen Stiche

Nach Mückenstichen kommt es zu unterschiedlichen Reaktionen, die von einem kaum bemerkten Einstich bis zu schmerzhaften Quaddeln reichen können. Das liegt daran, dass die Mücke bei jeder Blutmahlzeit wiederholt Speichel in die Haut abgibt. Dieser unterscheidet sich von Art zu Art und enthält Substanzen, die der Mücke den Trinkakt erleichtern: Stoffe, die die Gerinnung hemmen, Gefäße weiten oder den Einstichschmerz betäuben. Dieser Speichelcocktail variiert genauso wie die Immunreaktion des menschlichen Individuums.

Es lässt sich daher nicht vorhersagen, welche Mückenart besonders ausgeprägte Lokalreaktionen auf ihre Stiche hervorruft. Sogar beim selben Menschen kann sich im Laufe des Lebens durch Sensibilisierung oder Desensibilisierung die Reaktion auf Stiche ein- und derselben Mückenart ändern.

In jedem Fall ist es ratsam, die Einstichstelle zunächst mit sauberem, kaltem Wasser abzuspülen und mit Coolpacks oder mit in ein Tuch eingewickelten Eiswürfeln zu kühlen. Verbleibt ein Juckreiz, lässt sich dieser mit einem Gel oder Spray lindern. Bamipin (wie Soventol®) oder Dimetinden (Fenistil®) wirken abschwellend. Gelgrundlagen oder Roll-on-Stifte wirken zusätzlich kühlend (wie Soventol® Anti-Juck Stift-Gel mit Polidocanol, Autan® Akut Gel oder Fenistil® Kühl Roll-on). Zubereitungen mit 0,25 oder 0,5 Prozent Hydrocortison (wie Hydrogalen® akut, Soventol® Hydrocort) nehmen die Entzündung, sollten aber nicht bei Kindern unter sechs Jahren zum Einsatz kommen.

Auch Hitze statt Kälte nach einem Stich ist möglich: Durch die Applikation von konzentrierter Wärme mithilfe eines elektrischen, stiftförmigen Gerätes (wie Bite Away®, Heat it® classic Stichheiler) soll die Histaminausschüttung unterbunden werden. Da die Nerven in der Haut sehr sensibel auf Überwärmung reagieren, wird die Reizweiterleitung des Juckreizsignals gehemmt.

Wer den Juckreiz unterdrückt, unterbindet zumindest Kratzattacken und vermeidet dadurch eine Infektionsgefahr. Ein antiseptisches Wundgel (wie Betaisodona® Advanced Wundgel, Medigel® schnelle Wundheilung) beugt dem zusätzlich vor. Am besten ist es freilich, gar nicht erst gestochen zu werden. Die »vier D der Prophylaxe« sind ein guter Leitfaden.

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