Wer soll Remdesivir bekommen – und wer nicht? |
Daniela Hüttemann |
17.11.2020 14:30 Uhr |
Veklury®, hier in englischsprachiger Aufmachung, sollte innerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt werden. / Foto: Gilead Sciences
In der EU bekam Hersteller Gilead am 3. Juli eine bedingte Zulassung für Remdesivir (Veklury®) im Rahmen des Rolling-Review-Verfahrens. Offiziell indiziert ist das Medikament hier für alle Covid-19-Patienten ab zwölf Jahren und mindestens 40 Kilogramm Körpergewicht, die eine Lungenentzündung entwickelt haben und auf eine externe Sauerstoffzufuhr angewiesen sind. Die Dosis beträgt 200 mg intravenös am ersten Tag, gefolgt von 100 mg täglich über maximal neun weitere Tage. Bei klinischer Verschlechterung kann Dexamethason zum Einsatz kommen.
»Auf Basis der bisherigen Erkenntnisse erscheint ein Einsatz von Remdesivir vor allem in der
Frühphase der Erkrankung sinnvoll«, heißt es nun in einer gemeinsamen Empfehlung der Fachgesellschaften der Infektiologen (DGI und DGPI), Lungenärzte (DGP), Intensivmediziner (DIVI), Hämatologen und Onkologen (DGHO) sowie dem Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger (STAKOB) am Robert-Koch-Institut (RKI). Das leuchtet pharmakologisch ein, denn Remdesivir hemmt die Virusvermehrung, in dem es die virale RNA-Polymerase inhibiert. Von anderen viralen Infektionen ist bekannt, dass ein Einsatz solcher Virostatika meist zu Beginn der Infektion den größten Nutzen verspricht, denn wenn sich das Virus erst einmal im ganzen Körper ausgebreitet hat, ist der Schaden in der Regel oft schon zu groß.
Auf Basis der aktuellen Studienlage plädieren sie für eine Beschränkung der Anwendung, also keinen regelhaften Einsatz, in folgenden Settings, da hier bislang der Nachweis für einen klinischen Nutzen fehle:
Dabei sollten die genaueren Angaben in der Fachinformation beachtet werden. Die Therapiedauer sollte in der Regel fünf Tage betragen, so eine weitere Empfehlung der Fachgesellschaften.
Wenn trotz der Anwendungsbeschränkungen ein Einsatz von Remdesivir vorgesehen ist, soll eine Beratung durch das Infektiologie-Beratungsnetzwerk der STAKOB und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie erfolgen und dokumentiert werden.
Bisherige Studiendaten zeigten, dass Remdesivir bei hospitalisierten Covid-19-Patienten die Genesungszeit verkürzen kann. Eine signifikante Senkung der Sterblichkeit konnte dagegen bislang nicht eindeutig gezeigt werden. Für ihre Stellungnahme, datiert mit dem 9. November, stützen sich die Fachgesellschaften vor allem auf die ACTT-1-Studie sowie die GS-US-540-5773-Studie.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.