Welches Phyto bei welchen Stressbeschwerden |
In der Selbstmedikation werden zur Behandlung von Stressbeschwerden vor allem pflanzliche Arzneimittel eingesetzt. Die Auswahl richtet sich nach der Stressursache. / Foto: Adobe Stock/Fokussiert
Eindeutig stressbedingt: So sehen viele Betroffene die Ursache für ihre Beschwerden. Dennoch sollten zunächst stets bekannte oder mögliche Grunderkrankungen sowie eingenommene Arzneimittel erfragt werden. Denn Stress und organische Erkrankungen schließen sich nicht aus. Im Gegenteil. Eine zentrale Rolle – auch in der gegenseitigen Beeinflussung – spielen nicht zuletzt Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol.
Werden etwa Schilddrüsenhormone eingenommen und wann wurde die Funktion zuletzt überprüft? Eine Hyperthyreose oder zu hoch dosierte Schilddrüsenhormone können zu Nervosität, Unruhe und Zittern führen. Besteht ein Diabetes mellitus, der mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen behandelt wird? Hier können akute Beschwerden auf eine Hypoglykämie hindeuten. Die Wechseljahre, aber auch antiestrogene Therapien, etwa mit Letrozol oder Exemestan, gehen häufig mit innerer Unruhe und Schlafstörungen einher. In diesen Fällen ist eine ärztliche Überprüfung anzuraten.
Kommt eine Selbstmedikation infrage, bilden Phytopharmaka eine wichtige Therapieoption. Überwiegen ängstliche Gefühle und Sorgen, ohne dass eine manifeste Angststörung festgestellt werden kann, sprechen Mediziner von einer ängstlichen Verstimmung oder von subsyndromaler Angst. Der Echte Lavendel und seine Extrakte (zum Beispiel Silexan® in Lasea®) enthalten ein ätherisches Öl, das unter anderem Linalool und Linalylacetat enthält. Untersuchungen mit Silexan zeigen eine Modulation spannungsabhängiger Calciumkanäle, worauf sich die Ausschüttung von Stresshormonen normalisieren kann. Nervöse Unruhe und/oder Schlafschwierigkeiten, die durch eine ängstliche Verstimmung bedingt sind, können sich durch die Anwendung ebenfalls bessern. Eine Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens oder sedierende Effekte wurden nicht beobachtet.
Einerseits Stress, andererseits keine Energie, um die anstehenden Aufgaben in Angriff zu nehmen: Dominieren Anzeichen einer depressiven Verstimmung, nervöse Unruhe und/oder psychische Erschöpfung, können Johanniskraut und seine Extrakte (zum Beispiel Laif® 900 Balance) versucht werden. Zu den relevanten Inhaltsstoffen gehören unter anderem Hyperforin, Adhyperforin und Amentoflavon. Allerdings besitzen Johanniskraut und seine Extrakte ein sehr hohes Wechselwirkungspotenzial, da sie die Aktivität verschiedener Cytochrom-P450-Isoenzyme induzieren. Das gilt insbesondere für CYP3A4, das am Abbau zahlreicher Arzneistoffe beteiligt ist. Zu den betroffenen Arzneistoffen gehören Ciclosporin, Tacrolimus und Indinavir, aber auch das gerinnungshemmende Phenprocoumon sowie orale Kontrazeptiva. In letzterem Fall kann sich laut Fachinformation die Sicherheit der Empfängnisverhütung vermindern und/oder es können Zwischenblutungen auftreten.
Tagsüber nervös und unkonzentriert und nachts kein erholsamer Schlaf: Bei solchen Beschwerden sind Baldrianwurzel und seine Extrakte (etwa Luvased® mono) allein oder in Kombination mit Hopfen, Melisse und/oder Passionsblume eine Option. Sie enthalten unter anderem Sesquiterpenoide, Lignane und Flavonoide, die über das γ-Aminobuttersäure-(GABA-)System am A1-Adenosinrezeptor und an 5-HT1A-Serotoninrezeptoren binden. Wichtig ist, dass sie die Schlafarchitektur nicht verändern und nicht abhängig machen. Für Baldrian gilt wie für Lavendel und Johanniskraut auch: Er wirkt nicht nach einer einzelnen Einnahme, sondern muss über einen gewissen Zeitraum regelmäßig und in ausreichender Dosis angewendet werden. Ein Absetzen ist bei allen drei Phytopharmaka problemlos möglich.
Richtig dosiert und regelmäßig praktiziert helfen außerdem verschiedene nicht medikamentöse Maßnahmen. Das beginnt mit einem sinnvollen Aufgabenmanagement und reicht über Spaziergänge oder Radtouren in der Natur bis hin zu Techniken, die unter Anleitung erlernt werden sollten. Zu diesen gehören zum Beispiel Qi Gong oder Yoga sowie Meditation oder Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR).