Welches Antibiotikum passt am besten? |
Ziel des ABS-Teams ist, den Patienten bestmöglich zu behandeln und bei den Bakterien Selektionsprozesse und Resistenzen zu verhindern. / Foto: Adobe Stock/analysis121980
Das erläuterte Dr. Neele Froböse vom Institut für medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Münster in ihrem Vortrag über Probleme im Antibiotic Stewardship (ABS) am 24. August bei der großen Fortbildung der Apothekerkammer Nordrhein in Köln. Antibiotic Stewardship umfasst Maßnahmen zum rationalen und verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika. Unter anderem der Nachweis einer bakteriellen Infektion und die Wahl des geeigneten Antibiotikums gehören dazu. Das Ziel: den Patienten bestmöglich zu behandeln und bei den Bakterien Selektionsprozesse und Resistenzen zu verhindern.
Neben bundesweiten Resistenzdaten, etwa des Robert-Koch-Instituts (RKI), spielen regionale und lokale Daten für den Einsatz von Antibiotika eine zentrale Rolle. So erheben die Mikrobiologen der Uniklinik Daten, sowohl für die Klinik im Allgemeinen als auch für verschiedene Fachabteilungen und für verschiedene klinische Materialien, berichtete Froböse. Dabei werde auf häufige Erreger und mögliche Resistenzen getestet. Die Ergebnisse können Leitlinienempfehlungen untermauern, aber auch eine Abweichung von der Empfehlung begründen.
Nicht immer gibt es offizielle Bewertungsstandards für die Interpretation der Daten, etwa in EUCAST, dem European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing, das von 90 Prozent der Labore verwendet wird. Das gelte etwa für die Wirkstoffe Nitroxolin und Pivmecillinam, die bei ambulant erworbenen unkomplizierten Harnwegsinfekten Mittel der ersten Wahl sind. Anders als bei diesen, die vorwiegend durch Escherichia coli ausgelöst werden, kommen bei nosokomial erworbenen/komplizierten Infekten zusätzlich unter anderem Enterococcus-Subspezies infrage. Offizielle Bewertungsstandards oder standardisierte Testpanels beziehungsweise Testkarten für die automatisierte Testung stehen hier jedoch nicht zur Verfügung.
Ebenfalls nicht immer könne man aus der minimalen Hemmkonzentration (MHK) eine Therapieempfehlung ableiten, erläuterte Froböse weiter. Unter dieser versteht man die niedrigste Konzentration eines Antibiotikums, die bei einer Bakterienart zur Wachstumshemmung führt. So können Bakterienstämme nicht nur »von Hause aus« gegen ein Antibiotikum resistent sein, manche Arten können diese Eigenschaft auch erst unter der Therapie entwickeln.
Dies gilt etwa für verschiedene Enterobakterien-Arten. Bei ihnen kann durch die Gabe bestimmter Antibiotika eine bestimmte Serin-β-Lactamase, nämlich AmpC, induziert werden. Ihre Überexpression führt zur Resistenz gegenüber Cephalosporinen der dritten Generation. Bei 19 Prozent der zunächst sensibel getesteten Isolate wurde nach Therapie eine Resistenz gefunden, so Froböse.
Bei schweren Infektionen mit Erregern, die unter der Therapie mit einem β-Lactam-Antibiotikum AmpC induzieren können, kann eine Substanz mit niedriger MHK daher ungeeignet sein. Geeignet sei in diesen Fällen der Einsatz eines Carbapenems. Verschlechtert sich ein Patient sekundär unter Therapie mit einem β-Lactam-Antibiotikum, sollte stets an die Möglichkeit einer Resistenzentwicklung gedacht werden.