Weiteres Verfahren gegen BMG/Google-Kooperation geplant |
Am Landgericht Berlin wird bald verhandelt: Es geht erneut um die Frage, ob das Bundesgesundheitsministerium eigene Informationen auf Platz 1 der Google-Treffer-Liste setzen darf. / Foto: PZ/Evans
Die Entscheidung des Landgerichts München I am Mittwoch hat die Zusammenarbeit des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit Google erst einmal gestoppt. Bis zum gestrigen Mittwoch wurden die Informationen des staatlichen Gesundheitsportals gesund.bund.de an erster Stelle der Google-Treffer-Liste angezeigt. Diese Infoboxen sind nach dem Urteilsspruch bei der Suche nach manchen Krankheitsbildern bereits verschwunden.
Erfolgreich geklagt hatte Netdoktor, ein privates Gesundheitsportal, das häufig bei der Suche nach Informationen zu Erkrankungen angeklickt wird. Netdoktor ist eine hundertprozentige Tochter des Hubert Burda Media Verlags. Philipp Welte, Vorstand bei Burda und verantwortlich für Netdoktor, sieht die Entscheidung des Landgerichts als einen ersten wichtigen Schritt in einem grundsätzlichen Verfahren, in dem nichts weniger als die Freiheit der Presse verhandelt werde. »Indirekt subventioniert das Gesundheitsministerium mit Steuergeldern die Vermarktung des Suchmonopolisten Google, der neben dem staatlichen Medienangebot ungerührt Werbung verkauft. Diese Mesalliance zwischen der Regierung und dem Monopolisten Google ist fatal, weil sie den freien Wettbewerb außer Kraft setzt und Hand anlegt an ein zentrales demokratisches Prinzip unseres politischen Systems«, so Welte.
Das Bundesgesundheitsministerium, das seine Informationen nun aus den Knowledge Panels entfernen muss, erklärte auf Anfrage der PZ, dass das Ministerium das Urteil zur Kenntnis nehme. »Nach Auswertung der Entscheidung wird das BMG über die weiteren Schritte entscheiden.« Auch bei Google hakte die PZ nach, erhielt jedoch bislang keine Antwort. BMG und Google haben nun einen Monat Zeit, um sich zu überlegen, ob sie in Berufung am Oberlandesgericht München gehen möchten.
Das Urteil begrüßte auch Andreas Arntzen, Vorsitzender der Geschäftsführung des Wort & Bild Verlags, der sich im Interview mit der PZ bereits kritisch gegenüber der Vereinbarung geäußert hatte. Es sei »ein großer Erfolg für die Pressefreiheit«. Zu Recht werde die Kooperation zwischen dem BMG und Google zur Priorisierung der Inhalte des BMG in der Google-Suche unterbunden.
Der Wort & Bild Verlag strebt ein ähnliches Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BMG, am Landgericht Berlin an. Dort soll auch die Veröffentlichung der Inhalte des BMG-Portals in den Knowledge Panels von Google Gegenstand des Rechtsstreits sein. Der Verlag argumentiert, dass dies den freien Wettbewerb behindere und der Deal einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsfreiheit der Presse darstelle. Damit sei das Neutralitätsgebot verletzt und es läge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Pressefreiheit vor. Das Verfahren wurde Ende Dezember 2020 beim Landgericht eingereicht. Einen mündlicher Verhandlungstermin steht noch nicht fest.
Gegen Google läuft derzeit auch ein medienrechtliches Verfahren. Der Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig Holstein, Thomas Fuchs, sagte der PZ: »Ich freue mich, dass das Gericht in München die Medien- und Meinungsvielfalt bei einem Urteil betont, das sich auf das Kartellrecht bezieht. Diese Argumentation bestätigt unsere Bewertung des Sachverhalts.« Fuchs leitete das Verfahren im Dezember 2020 ein, um zu prüfen, ob Google mit dem BMG-Deal gegen den sogenannten Medienstaatsvertrag verstoße. Die Stellungnahmen, inklusive Googles Aussage, erwarte er bis zum 15. Februar. Ende April soll dann laut Fuchs eine Entscheidung von allen Medienanstalten fallen, ob Google damit die Diskriminierungsfreiheit von Medienangeboten verletzt habe.