Was tun bei schwacher Pumpleistung? |
Sven Siebenand |
23.01.2019 11:50 Uhr |
Die Bedeutung der Therapie mit Digitalis-Glykosiden bei Herzinsuffizienz schwindet. Das liegt auch daran, dass es zu wenig evidenzbasierte Studiendaten zur Wirksamkeit gibt. Die DIGIT-HF-Studie soll das ändern. / Foto: Stock.adobe.com/jonnysek
»Die Mortalität der Herzinsuffizienz ist mit der vieler Krebserkrankungen vergleichbar«, sagte der Referent zu Beginn seines Vortrags beim Pharmacon in Schladming. Nach fünf Jahren sei die Hälfte der Patienten verstorben. Sowohl in Sachen Pathophysiologie als auch bei der Therapie unterschied Lother zwei wichtige Formen der Herzinsuffizienz: jene mit reduzierter Ejektionsfraktion (Heart Failure with reduced Ejection fraction, HFrEF) und jene mit erhaltener Ejektionsfraktion (Heart Failure with preserved Ejection Fraction, HFpEF).
Der HFrEF liege häufig eine primäre Schädigung von Herzmuskelzellen zugrunde. Diese könne zum Beispiel durch Ischämie des Herzgewebes bei koronarer Herzkrankheit (KHK) ausgelöst werden. Durch den Verlust von funktionalem Myokardgewebe nehme die Ejektionsfraktion des linken Ventrikels ab.
Bei der HFpEF liegt dagegen eine gestörte diastolische Funktion am Herzen vor. Lother informierte, dass Komorbiditäten wie Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz eine Rolle als primäre Auslöser spielen. Man vermutet, dass eine chronische Entzündungsreaktion schließlich in dieser Form der Herzinsuffizienz mündet, so der Mediziner.
Hinsichtlich der Mortalität unterscheiden sich HFrEF und HFpEF kaum.»Für die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion ist bislang kein mortalitätssenkender Arzneistoff verfügbar«, benannte Lother eine therapeutische Lücke. Die Behandlung erfolge daher überwiegend symptomatisch durch Einsatz von Diuretika und durch Kontrolle der bekannten Risikofaktoren. Zudem sei es ratsam, dass sich die Patienten körperlich belasten.»Sport bringt bei HFpEF einen Benefit«, betonte Lother.
Für die Therapie der HFrEF stehen gleich mehrere Wirkstoffklassen zur Verfügung. Basis der Behandlung ist es, den Sympathikus und das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System zu blockieren und so ihre schädliche Wirkung zu reduzieren.»Jeder Patient mit symptomatischer Herzinsuffizienz sollte mit einem ACE-Hemmer und einem Betablocker behandelt werden«, so der Referent. Studien zeigen, dass beide Wirkstoffklassen sowohl Mortalitäts- als auch Hospitalisierungsraten bei Herzinsuffizienz-Patienten reduzieren. Bei Unverträglichkeit von ACE-Hemmern können alternativ AT1-Rezeptorantagonisten (Sartane) zum Einsatz kommen.
Dr. Achim Lother vom Universitäts-Herzzentrum in Freiburg / Foto: PZ/Alois Müller
Bleibt der Patient unter Gabe eines Betablockers und eines ACE-Hemmers beziehungsweise Sartans weiter symptomatisch, wird die Therapie laut Leitlinie um einen Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten wie Spironolacton oder Eplerenon erweitert. Auch für diese Wirkstoffklasse wurde nachgewiesen, dass sie die Mortalitäts- und Hospitalisierungsrate bei Herzinsuffizienz-Patienten reduziert.»Für männliche Patienten bietet sich wegen des Gynäkomastie-Risikos, also der Brustbildung unter Spironolacton eher Eplerenon an«, riet Lother.
Bei anhaltender Symptomatik unter optimierter Therapie mit ACE-Hemmer, Betablocker und Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten rät die Leitlinie dazu, den ACE-Hemmer gegen einen sogenannten ARNI auszutauschen. ARNI ist die Abkürzung für Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor. In dem Präparat Entresto®ist ein solcher ARNI enthalten: Valsartan wirkt als AT1-Rezeptorantagonist und der aktive Metabolit von Sacubitril als Neprilysin-Inhibitor. Letzterer sorgt unter anderem dafür, dass natriuretische Peptide nicht zu inaktiven Fragmenten abgebaut werden, was bei Herzinsuffizienz mehrere Vorteile hat, etwa eine gesteigerte Diurese und eine reduzierte Fibrose und Hypertrophie. Wichtig zu merken: Entresto darf auf keinen Fall mit einem ACE-Hemmer kombiniert werden.»Bei Umstellung von einem ACE-Hemmer auf das Präparat ist eine 36-stündige Wash-out-Phase einzuhalten«, betonte der Mediziner.
Welchen Nutzen haben eine diuretische Therapie und die Eisen-Substitution bei Herzinsuffizienz? Erstere ist laut Lother eine rein symptomorientierte pharmakologische Option ohne Einfluss auf die Mortalität. Die Substitution von Eisen verhindere Krankenhauseinweisungen und verbessere ebenso die Symptomatik, habe aber auch keinen Einfluss auf die Mortalität.
Bei der Antidiabetika-Klasse der SGLT-2-Hemmer geht der Referent davon aus, dass sie in neuen Leitlinien sicher Erwähnung finden werden, zumindest für Typ-2-Diabetiker mit Herzinsuffizienz. Bei diesen konnten die sogenannten Gliflozine zeigen, dass sie das Risiko für Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärem Tod senken.»Möglicherweise ist dieser Effekt auch unabhängig von Diabetes mellitus vorhanden«, informierte Lother. Dann könnte die Arzneistoffklasse eines Tages auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz, aber ohne Diabetes eine Alternative darstellen.