Was sie verbindet, was sie unterscheidet |
Brigitte M. Gensthaler |
29.07.2025 10:00 Uhr |
Bei älteren Menschen zeigen sich Depressionen oft anders als bei jüngeren, denn Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit sind oft weniger deutlich oder werden überspielt. Oft richten sie ihre Bedenken und Sorgen auf körperliche Beschwerden wie Schmerzen, Schwindel, Schlaf- oder Verdauungsstörungen und sprechen nur diese beim Arzt an. Andere empfinden bestehende Rückenschmerzen oder Ohrgeräusche zunehmend als unerträglich. Zudem hätten ältere Betroffene oft Schwierigkeiten, psychische Erkrankungen zu akzeptieren, schreibt die Deutsche Depressionshilfe.
Viele Patienten mit Altersdepression ziehen sich zurück, verlieren das Interesse an früheren Aktivitäten oder wirken still und kraftlos – ähnlich wie Betroffene mit beginnender Demenz.
Es gibt aber wichtige Unterschiede zwischen den Erkrankungen (Tabelle). So nehmen Menschen mit Depression ihre kognitiven Einschränkungen meist sehr bewusst wahr und sprechen diese auch an. Sie sagen zum Beispiel: »Ich kann mich auf nichts mehr konzentrieren« oder »Ich weiß gar nichts mehr«. Demenzkranke Menschen erkennen ihre Ausfälle oft nicht, überspielen oder verharmlosen sie.
Kriterium | Depression | Alzheimer-Demenz |
---|---|---|
Beginn | innerhalb weniger Wochen | schleichender Beginn über Monate |
Stimmung | depressiv, kaum beeinflussbar und über längere Zeit konstant typische Änderung im Tagesverlauf: Morgentief und Aufhellung am Abend | insgesamt eher instabil und leichter zu beeinflussen |
individuelles Empfinden | Erkrankte klagen über ihren Zustand, typische Aussage: »Ich kann und weiß nichts mehr.« | Erkrankten klagen eher wenig, haben »keine Probleme« oder verleugnen |
Denkvermögen | gehemmt und verlangsamt, aber nicht verwirrtOrientierung in Zeit und Raum erhalten | Orientierung in Raum und Zeit beeinträchtigtnicht selten nächtliche Verwirrtheitszustände |
Oft schwer zu erkennen ist eine Pseudodemenz, also eine kognitive Beeinträchtigung, die durch eine Depression entsteht. Zu den Ursachen von behandelbaren, mitunter reversiblen Demenzformen zählt die Alzheimer-Forschungsinitiative (AFI) – neben Depressionen – auch den Normaldruck-Hydrocephalus, Delirien, Hirntumoren, Vitamin-B12-Mangel, toxische Hirnschädigung oder Dehydrierung.
Bei einer depressiven Pseudodemenz wirken Betroffene vergesslich oder unsicher und können sich schlecht konzentrieren. Da sie sich schnell überfordert fühlen, antworten sie auf Fragen mitunter: »Ich weiß nicht.« Sie beschreiben ihr Denken als blockiert und Entscheidungen fallen ihnen schwer. Manchmal werden auch Sprache und Bewegungen langsamer. Obwohl räumliche und zeitliche Orientierung sowie logisches Denken in der Regel intakt sind, denken Außenstehende bei älteren Personen schnell an eine beginnende Demenz.