Was macht Charly in der Apotheke? |
Brigitte M. Gensthaler |
26.09.2019 09:16 Uhr |
Sprechen, nicken, begrüßen: Der Service-Roboter Charly zeigte seine Fähigkeiten bei der Expopharm. / Foto: PZ/Alois Mueller
Experten vom Kompetenzzentrum Usability der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg präsentierten und steuerten die Figur bei der Expopharm. »Roboter tauchen im Servicebereich häufiger auf. Interessant ist dabei die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine«, sagte Dr. Daryoush Daniel Vaziri, Geschäftsstellenleiter des Kompetenzzentrums Region Nord, gegenüber der PZ. Er räumte gleich mit Missverständnissen auf: Service-Roboter könnten weder Mitarbeiter ersetzen noch das Fachkräfteproblem lösen. Charly sei auch kein voll autonomer Roboter. »Der Einsatz solcher Systeme führt aber dazu, dass sich Arbeitsformen verändern werden.«
Was macht der Roboter mit dem Kindchen-Schema-Kopf in der Rathaus Apotheke in St. Augustin? Seit April 2019 steht und rollt Charly etwa vier Stunden pro Woche im Eingangs- und Handverkaufsbereich der Apotheke. Das System begrüßt Kunden und spricht sie direkt an. Es kennt viele Produkte in der Freiwahl und sagt dem Kunden, in welchem Regal er das gewünschte Produkt finden kann. Er könne sogar Produktinformationen und einfache Beratungshinweise geben, berichtet Vaziri. Das System sei stark nutzerorientiert.
Hat der Kunde komplexere Fragen oder will ein Rezept einlösen, verweist der Roboter an die Apothekenmitarbeiter. Möglich sei auch, dass Charly einen Kunden künftig mit einem Mitarbeiter verbindet, der von seinem Home-Office aus eine Beratung anbietet. Mithilfe der Kamera am Kopf des Roboters kann dieser den Kunden sehen, mithilfe der Mikrofone mit ihm sprechen.
Der erste Prototyp wurde laut Vaziri von Mitarbeitern der Rathaus-Apotheke gesteuert und trainiert. »Die Mitarbeiter reagierten zunächst sehr verhalten, aber das Zusammenspiel von Mensch und Maschine hat sich entwickelt. Im Umgang mit dem Modell schwinden die Berührungsängste«, berichtet Apothekenleiter Florian Wehrenpfennig. Allerdings müsse die Programmierung des Roboters weiterentwickelt werden. Denkbar sei zum Beispiel, verschiedene Fremdsprachen einzuprogrammieren, sodass der synthetische Mitarbeiter künftig Sprachen erkennt und Kunden in ihrer Muttersprache anspricht.
Wie reagieren die Kunden? »Teils mit Kopfschütteln, aber die meisten sind fasziniert, manche auch begeistert«, so Wehrenpfennig. Je häufiger der Roboter in der Apotheke auftaucht, umso mehr versuchen Kunden, mit ihm in Interaktion zu treten. Er kann kichern, nicken und winken, aber auch Witze erzählen oder Nachrichten wiedergeben.
Das Projekt mit dem Serviceroboter in der Apotheke ist auf zwei Jahre angelegt und wird vom Kompetenzzentrum Usability fachlich begleitet. In dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt geht es generell darum, kleine und mittlere Unternehmen bei Fragen der Digitalisierung zu unterstützen.