Was Krebspatienten essen sollten |
Annette Rößler |
02.05.2023 18:00 Uhr |
»Um ernährungsbezogene Defizite zu vermeiden, bieten wir ergänzend zur normalen Kost sehr frühzeitig Trinknahrung an«, berichtete die Ökotrophologin. Dabei sei Trinknahrung nicht gleich Trinknahrung. Als normokalorisch oder »Standard« deklarierte Produkte enthielten 1 kcal/ml, energiereiche (»Energy«) 1,5 kcal/ml und proteinreiche (»Protein«) 10 g Eiweiß/100 ml. Teilweise seien auch Ballaststoffe enthalten. Letzteres ist empfehlenswert, wenn der Patient unter Obstipation leidet oder der Blutzucker ansonsten zu stark ansteigt. Trinknahrungen ohne Fett oder solche, die die Hauptnährstoffe in Einzelkomponenten enthalten, seien speziell für Patienten mit Pankreas- oder Darmkrebs vorgesehen.
Um die vom Patienten bevorzugte Geschmacksrichtung zu ermitteln, empfehle sich zu Beginn die Verordnung eines Mischkartons. Generell schmeckten die Produkte gekühlt meistens besser als bei Raumtemperatur. »Wichtig ist, dass die Patienten die Trinknahrung zusätzlich zu ihrer normalen Kost als Zwischenmahlzeit zu sich nehmen sollten, nicht zu den Mahlzeiten und auch nicht als Ersatz für die normale Flüssigkeitsaufnahme«, sagte Rötzer. Die Päckchen sollten gut geschüttelt und dann schluckweise getrunken werden – »langsam, also über mindestens 30 Minuten«, verdeutlichte die Referentin. Ansonsten könne es zu Durchfall kommen.
Bei Appetitlosigkeit kann es helfen, kalte, geruchsarme Speisen in kleinen Portionen zu verzehren. / Foto: Adobe Stock/chartphoto
Trinknahrung zur Sicherung der Nährstoffzufuhr sei insbesondere bei Entzündungen im Mundraum wichtig, die eine häufige Nebenwirkung der Chemotherapie darstellt. Vor allem unter platinhaltigen Zytostatika kann es zudem zu Geschmacksstörungen kommen, die bis zu 90 Tage nach der letzten Gabe anhalten können. Betroffenen Patienten gab Rötzer folgende Ratschläge: den Mund vor dem Essen ausspülen, öfters kleine Mengen trinken, Wasser aromatisieren (gefrorene Früchte, frische Gurke, Zitrusfrüchte), Fleisch marinieren (bei Abneigung auf Fisch ausweichen), Vanille, Zimt oder Tonkabohne zum Überdecken des Metallgeschmacks, Kunststoff- statt Metallbesteck verwenden, Bonbons oder schutzfilmbildende Lutschtabletten lutschen.
Auch 40 bis 50 ml eines abgekühlten Leinsamenaufgusses (zwei Esslöffel Leinsamen mit 200 ml kochendem Wasser aufgießen, mindestens 30 Minuten quellen lassen und die Flüssigkeit abgießen) vor der Mahlzeit zu trinken, könne schlechten Geschmack vertreiben und sei zudem ein probates Mittel bei trockenen Schleimhäuten.
Vielen Krebspatienten vergeht unter der Therapie zumindest zeitweise die Lust aufs Essen. Kommt der Appetit zurück, sollten energie- beziehungsweise eiweißreiche Speisen und Snacks schon verfügbar sein und nicht erst eingekauft werden müssen. »Legen Sie also rechtzeitig Vorräte an«, riet Rötzer. Weitere Tipps bei Appetitlosigkeit: nicht selbst kochen, mehrere kleine, über den Tag verteilte Mahlzeiten, kalte, geruchsarme Speisen statt warme Speisen, Bewegung an der frischen Luft, etwas Fleischbouillon trinken, Brot toasten, Übelkeit mit Medikamenten behandeln, bei schnellem Völlegefühl zwischen statt zu den Mahlzeiten trinken.
Und was tut man, wenn ein Patient unter einer Krebstherapie zu- statt abnimmt? Das komme etwa bei Brustkrebs recht häufig vor, so Rötzer. Während der Therapie sei eine bewusste Reduktion des Gewichts nicht zu empfehlen. Danach könne durch ausgewogene Ernährung und viel Bewegung, möglicherweise unterstützt von Apps eine Gewichtsreduktion angestrebt werden. Auch dabei helfe eine spezialisierte Ernährungsberatung.