Was im Alter zählt |
Christina Hohmann-Jeddi |
16.09.2024 18:00 Uhr |
Einen relevanten Anteil an den Erkrankungen mit Einfluss auf die Fahrkompetenz haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die mit Symptomen wie Schwindel, Atemnot, Brustschmerzen und Synkopen (kurze Phasen von Bewusstlosigkeit) einhergehen können. Einen Überblick, welche Herzkrankheiten die Fahreignung einschränken, geben Autoren um Dr. Jan Rieß vom UKE im Bundesgesundheitsblatt. Dabei gilt grundsätzlich, dass das Auftreten von Symptomen und die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Bewusstseinsverlusts relevant für die Beurteilung sind, und zwar unabhängig vom Alter.
So besteht etwa bei Bluthochdruck keine Fahreignung, wenn Symptome auftreten, während eine asymptomatische Hypertonie keine Konsequenzen hat. Gleiches gilt für Herzklappenerkrankungen und Herzinsuffizienz. Bei Letzterer besteht der Publikation zufolge ab einem NYHA-Klasse IV und instabiler Klasse III keine Fahreignung mehr. Auch bei Synkopen mit hohem Rezidivrisiko, unbehandelter Bradykardie oder Tachykardie mit Bewusstseinsverlust sowie nach einem überlebten plötzlichen Herzstillstand sollte auf das Autofahren verzichtet werden. Eine asymptomatische koronare Herzkrankheit und stabile Angina pectoris sind dagegen unproblematisch.
Inwieweit Diabetes mellitus die Fahreignung beeinträchtigt, hängt von der Krankheitsdauer und -intensität ab, heißt es in der Übersichtsarbeit von Falkenstein und Kolleginnen. Ein wichtiger Faktor für die Sicherheit im Verkehr ist dabei das Auftreten von Hypoglykämien, die zu verändertem Verhalten und Kontrollverlust führen können. Abgesehen von den Unterzuckerungen können langfristig erhöhte Blutzuckerwerte auch kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit beeinträchtigen. Auch Folgeerkrankungen des Diabetes wie Neuro- und Retinopathien können die Fahreignung herabsetzen. Insgesamt ist es wichtig, dass Personen mit Diabetes geschult sind, die Anzeichen einer Hypoglykämie zu erkennen, und vermehrt (vor allem vor Beginn von Autofahrten) den Blutzucker kontrollieren.
Auch häufige neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Parkinson oder Demenzen, die sowohl kognitive als auch motorische Defizite bedingen, können die Fahreignung herabsetzen. Der Grad der Beeinträchtigungen ist aber individuell sehr unterschiedlich, weshalb die Fahreignung durch verschiedene Tests geprüft werden sollte. Gerade für Demenzen wird zum Teil übersehen, dass außer dem Gedächtnis auch die exekutiven Funktionen und die Aufmerksamkeit beeinträchtigt sein können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die neurodegenerativen Erkrankungen progredient verlaufen.
Auch Depressionen sind in der älteren Bevölkerung häufig, sie betreffen etwa 7 Prozent der Menschen ab 75 Jahren. Gerade schwere Depressionen beeinträchtigen die kognitiven Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen, die für das Autofahren benötigt werden. Auch antidepressive Therapien können sich negativ auf die Fahreignung auswirken. Eine Metaanalyse habe gezeigt, dass durch die Erkrankung und ihre medikamentöse Behandlung das Unfallrisiko um den Faktor 1,8 bis 4,0 erhöht ist, heißt es in der Übersichtsarbeit.