Was im Alter zählt |
Christina Hohmann-Jeddi |
16.09.2024 18:00 Uhr |
Senioren am Steuer gelten häufig als Sicherheitsrisiko, aber laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts Destatis sind ältere Menschen gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung seltener in Verkehrsunfälle verstrickt als jüngere. So waren 2022 etwa 15,1 Prozent aller Unfallbeteiligten 65 Jahre oder älter, wobei diese Altersgruppe 22,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ausmacht, teilte Destatis im Dezember 2023 mit. Senioren tragen aber häufiger die Hauptschuld an Unfällen. So waren die mindestens 65-Jährigen in mehr als zwei Dritteln der Fälle (68,7 Prozent) die Hauptverursachenden, bei den Über-75-Jährigen sogar zu drei Vierteln (76,6 Prozent).
Laut aktuelle Befragungen verzichtet ein relevanter Anteil der Senioren bereits freiwillig auf das Autofahren. So fahren nur etwa 30 Prozent einer Stichprobe von Menschen ab 80 und 58 Prozent der Personen ab 65 Jahren noch selbst Auto.
Mit zunehmendem Alter lassen verschiedene Fähigkeiten nach und manche Erkrankungen werden häufiger, was insgesamt die Fahreignung reduzieren kann. Eine Übersicht hierzu gaben Professor Dr. Michael Falkenstein vom ALA-Institut in Bochum und Kolleginnen 2020 im Fachjournal »Geriatrics«. So verschlechtern sich beispielsweise verschiedene Sehfunktionen wie Sehschärfe, Dämmerungssehen, Farbensehen sowie peripheres und räumliches Sehen. Außerdem treten bestimmte Augenerkrankungen mit zunehmendem Alter häufiger auf, vor allem Katarakt, Glaukom und altersabhängige Makuladegeneration (AMD).
Symptome des Grauen Stars (Katarakt), der fast jeden Zweiten über 75 betrifft, führen zu einem nebligen Sehen und Schwierigkeiten beim Sehen in der Dunkelheit. Das Unfallrisiko für Fahrer mit Katarakt sei mehr als doppelt so hoch wie bei Fahrern ohne die Erkrankung, heißt es in dem Übersichtsartikel. Ein Glaukom (Grüner Star) wiederum könne zu Gesichtsfeldeinschränkungen führen und AMD zu einem Verlust der zentralen Sehschärfe.
Auch das Hörvermögen geht im Alter zurück, weshalb akustische Signale wie Hupen, Motorengeräusche oder Sirenen schlechter wahrgenommen werden können. Von Schwerhörigkeit seien bis zu 90 Prozent der Personen über 80 Jahren betroffen. Auch das räumliche Hören verändert sich.
Im Alter ließen zudem einige kognitive Funktionen nach, die für das Führen eines Fahrzeugs wichtig sind, berichten der Psychologe Professor Dr. Konrad Reschke von der Universität Leipzig und Paul Brieler vom Institut für Schulungsmaßnahmen in Hamburg in einem Artikel im Bundesgesundheitsblatt. Dies sind neben der Reaktionsfähigkeit, Konzentration und Entscheidungsfindung auch die sogenannte geteilte Aufmerksamkeit, also die Fähigkeit, sich auf verschiedene Aufgaben beziehungsweise Sinneseindrücke gleichzeitig fokussieren zu können.
Die einzelnen Parameter, darunter auch das visuelle Gedächtnis und die Einschätzung von Geschwindigkeit von Objekten, können in speziellen Tests untersucht werden. Mit gezieltem Training ließen sich die kognitiven Fähigkeiten älterer Fahrer und ihr Wissen zu altersbedingten Veränderungen verbessern und darüber die Fahrkompetenz länger erhalten.