Was hilft der Stimme – und was nicht? |
Unsere Stimme wird am wenigsten beansprucht, wenn wir in mittlerer Stimmlage und Lautstärke sprechen. / © Getty Images/Flashpop/Brand New Images Ltd
»Wir sind eine kommunikative Gesellschaft, Stimme spielt auch beruflich eine große Rolle«, sagt Professor Dr. Christopher Bohr von der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Universität Regensburg. »Umso schlimmer ist es, wenn die Stimme versagt, Heiserkeit ist daher nicht nur lästig, sondern auch im Alltag ein großes Problem.«
Vereinfacht erklärt, funktioniert Stimme so: Zunächst strömt Luft aus der Lunge (ähnlich wie aus einem Blasebalg) nach oben. Im Kehlkopf trifft sie auf die Stimmlippen, die sich öffnen und schließen und so den Grundton erzeugen. Im sogenannten Vokaltrakt, also im Rachen, Mund- und Nasenraum, wird dieser Ton dann weiter geformt.
»Stimme funktioniert, wenn die Stimmlippen hochelastisch sind und sich komplett schließen und öffnen lassen. Ist das nicht gegeben, wird die Stimme heiser«, sagt Christopher Bohr. Das passiert beispielsweise bei Entzündungen, die die Stimmlippen härter und weniger elastisch machen. Auch Knoten, Polypen oder Zysten können den Luftstrom stören und so das Schwingen der Stimmlippen beeinträchtigen. Im Grunde gilt: »Alles, was das Öffnen und Schließen der Stimmlippen behindert, kann zu Heiserkeit führen«, erklärt der HNO-Arzt.
Erkältungen und Kehlkopfentzündungen können genauso dahinterstecken wie eine Überlastung der Stimme: Wer je in einem lauten Club versucht hat, eine Unterhaltung zu führen oder als Lehrkraft täglich gegen ein lautes Umfeld ansprechen muss, kennt das Phänomen.
Eine weitere mögliche Ursache für Heiserkeit ist der Reflux, also wenn Magensäure die Speiseröhre hinaufsteigt und den Kehlkopf reizt. Weitere Faktoren, die den Kehlkopf und die Stimmlippen belasten können, sind Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum und eine hohe Staubbelastung.
Wenn die Heiserkeit länger als drei bis vier Wochen andauert, sollte man unbedingt nach den Ursachen schauen und schwere Erkrankungen ausschließen wie Kehlkopfkrebs. An ihm erkranken rund 3000 Menschen jährlich in Deutschland. »Bei früher Erkennung ist Kehlkopfkrebs heute fast 100 Prozent heilbar«, so Christopher Bohr. Anlaufstelle ist die HNO-Praxis.
Ja, eine bessere Nutzung der Stimme kann Kehlkopf und Stimmlippen entlasten. »Wenn die Stimme für den beruflichen oder privaten Gebrauch nicht ausreichend belastbar ist, ist eine eingehende Stimmdiagnostik sinnvoll«, sagt Antoniu-Oreste Gostian. Erste Anlaufstelle sind dabei Fachärztinnen und Fachärzte für Phoniatrie. Gemeinsam mit Logopädinnen und Logopäden erarbeiten sie ein individuelles Therapiekonzept.
Wer seine Stimme trainieren will, kann das parallel auch mit einigen einfachen Übungen tun, zum Beispiel einem lockeren Summen. »Summen Sie leise eine Melodie oder versuchen Sie sich an der Lax-Vox-Methode: Dabei summen Sie durch einen Strohhalm in ein gefülltes Wasserglas«, rät Christopher Bohr. Das klingt zwar seltsam, ist aber sehr wirksam.
Ja, bei Heiserkeit spielen manchmal auch psychische Faktoren eine Rolle. Ein klassisches Beispiel dafür ist die sogenannte psychogene Aphonie: Dabei verlieren Betroffene aufgrund seelischer Belastungen teilweise oder ganz ihre Stimme – von heiserem Flüstern bis hin zum völligen Stimmverlust.
Auch Emotionen lassen sich an der Stimme ablesen. Moderne KI-Systeme können allein anhand des Stimmsignals erkennen, wie viel Anspannung oder Erregung darin steckt. Ist ein Mensch aufgeregt, steigt die Stimmlage oft an, weil die Spannung im Kehlkopf zunimmt. Entspannte Stimmen hingegen klingen meist tiefer. Ein Grund mehr, sich sowohl um die eigene Stimme als auch um die psychische Gesundheit zu kümmern.