Was bringen Salzspielplätze für die kindliche Gesundheit? |
Kinder mit Infekten, Asthma oder Hauterkrankungen sollten lieber an die frische Luft (am besten Seeluft) statt auf Indoor-Salzspielplätze, sind sich Experten einig. / Foto: Getty Images/Cavan Images
Salzspielplätze sind Indoor-Spielplätze, deren Boden mit Salz bedeckt ist. Anbieter sorgen außerdem mit Generatoren für eine salzhaltige Luft in den Räumen. «Es ist ein kindergerechter Raum, wo die Kinder im feinen Salz spielen und dabei spielerisch die Inhalationstherapie wahrnehmen», heißt es etwa von «Babybeach». Der Anbieter hat bundesweit eigenen Angaben zufolge 50 Filialen. Es gibt auch andere, zum Beispiel «Rio's Salzspielplatz» in Aschaffenburg und in Berlin etwa «Salz-Reich» oder «Kindersalzparadies».
Kerstin Hartwig, Inhaberin des Berliner «Salz-Reich» betont: «Salzspielplätze heilen nicht, sie unterstützen.» Regelmäßige Besuche sorgten beispielsweise bei Kindern dafür, dass die Schleimhäute befeuchtet seien. Die Betreiber bewerben es als unterstützende Maßnahme bei Asthma, Bronchitis, RSV, COPD, Husten und Heuschnupfen oder auch Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Schuppenflechte.
«Ein Besuch von Salzspielplätzen macht aus unserer Sicht medizinisch keinen Sinn. Wir empfehlen das Inhalieren auch nicht mehr zur Genesung oder Vorbeugung von Erkrankungen. Die Salzpartikel sind meist nicht klein genug, um dorthin zu gelangen, wo sie hin sollen», sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen.
«Man braucht wirklich gute Geräte, um feine Partikel zu produzieren», sagt Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen, Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein. Bei Bronchitis könne das Inhalieren helfen, aber entscheidend sei die Teilchengröße, betont auch der Facharzt. Die salzhaltigen Partikel führen demnach zu einer Schleimverflüssigung. Dadurch könne zäher Schleim leichter abgehustet werden.
Besuche in einem Salzspielplatz seien nicht schädlich für die Kinder, aber man verspreche sich zu viel. «Man macht ein Geschäft mit der genervten Mutter, die ein ständig hustendes Kind um sich hat», so Mülleneisen. Es sei viel sinnvoller, dem Kind ein paar Tage ein vernünftiges Nasenspray zu geben oder wenn möglich auch mal ein paar Tage an die See zu fahren. «Klimaveränderungen sind in dem Zusammenhang viel hilfreicher», so Mülleneisen.
Kinderarzt Jakob Maske empfiehlt: «Abwarten, Tee trinken und viel frische Luft.» Mit einer Empfehlung für Salzspielplätze halte er sich «stark zurück». Laut Mülleneisen sorgen die Spielplätze bei Atemwegserkrankungen für keine nachhaltige Verbesserung, sondern wirken nur symptomatisch. Ein Anbieter wirbt auch damit, dass Salz gegen Allergien helfe. «Allergien beruhen auf einem Antigen-Antikörper-Mechanismus. Salz bewirkt hier gar nichts», so Mülleneisen.
Und bei Hautkrankheiten? «Räume mit Sole zu benebeln ist eine Idee, die man haben kann. Nachweise für eine therapeutische Wirkung kenne ich nicht», so Professor Dr. Oliver Wiedow, Dermatologe am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Ein Aufenthalt auf einem salzbedeckten Boden könne allein schon aufgrund des fehlenden Kontaktes zur erkrankten Haut nicht wirken.
«An der See kann man durch die Brandungsluft kleine Salzpartikelchen einatmen, die dann in den feuchten Atemwegen aufquellen. Das führt dazu, dass sich der Schleim verflüssigt und man besser abhusten kann», erklärt Pneumologe Mülleneisen. In verschiedenen Salzbädern werde versucht, diesen Mechanismus nachzuahmen. «Das kommt aber nicht annähernd an die Qualität der Brandungsluft ran.»
Der Natur gelinge es, besonders feine Salzkristalle zu produzieren, die tief in die Lunge eingeatmet werden können. Auch gute Inhaliergeräte könnten das leisten, so Mülleneisen. Diese könne man als Patient in Arztpraxen ausleihen oder bei chronischen Erkrankungen auch verordnet bekommen.
«Die angeblichen gesundheitlichen Wirkungen der Inhalation in Salzgrotten sind aufgrund der dünnen Studienlage bisher nicht wissenschaftlich belegt», sagt zudem Gesa Schölgens, Projektleiterin von «Faktencheck Gesundheitswerbung» der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das Projekt hat unter anderem einen Anbieter wegen Werbeaussagen wie «Unser Indoor-Salz-Spielplatz lindert die Symptome von Bronchitis, Asthma, Husten, Schnupfen oder starker Verschleimung» abgemahnt. Diese seien unzulässig. Ein Gericht habe der Verbraucherzentrale recht gegeben, so Schölgens. Das betroffene Unternehmen äußerte sich trotz dpa-Anfrage nicht dazu.
Anbieter empfehlen mitunter auch kranken Kindern Besuche in ihren Salzspielplätzen. Wobei auf den Seiten der «Babybeach»-Zentrale empfohlen wird, vor einer Salzinhalation mit einem Arzt zu sprechen. Dort wird auch von Besuchen abgeraten, wenn man Fieber hat. «Babybeach» vernebelt in seinen Räumen nach eigenen Angaben eine 14-prozentige Sole. Laut Lungenfacharzt Mülleneisen tötet dieser Salzgehalt zwar Viren und Bakterien ab.
Doch er gibt zu bedenken: «Wenn die Luft so salzig wäre, würde sich kein Kind darin aufhalten. Die Sole wird in der Umgebungsluft verdünnt und diese Luft atmet man ein. Wie steril und sauber ist das? Da wäre ich skeptisch. Kranke Kinder sollten generell nicht mit anderen Kindern zusammengebracht werden. Es gibt gerade bei Kindern so viele verschiedene Übertragungsmöglichkeiten von Krankheiten, zum Beispiel über Schmierinfektionen.»