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Gonarthrose

Was bringen OTC-Schmerzmittel?

Topische nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sind der oralen Anwendung vorzuziehen. Gastrointestinale Nebenwirkungen sind vor allem bei Patienten über 60 Jahre im Blick zu behalten. Paracetamol ist für die Therapie nicht geeignet. Das sind die wesentlichen Aussagen zu rezeptfreien Arzneimitteln der aktualisierten Leitlinien zu Gonarthrose.
Elke Wolf
27.05.2025  07:00 Uhr

»Gern etwas zum Einreiben«: Das verlangen nicht selten Patienten mit Schmerz- und Entzündungszuständen am Muskel- und Skelettapparat etwa infolge einer Arthrose oder nach stumpfen Sportverletzungen. Topisch applizierte NSAR wie Diclofenac, Ibuprofen und Co. sind dabei eine effektive und verträgliche Behandlungsoption vor allem in der Selbstmedikation – umso mehr, desto früher sie angewendet werden.

So sprechen sich verschiedene nationale und internationale Leitlinien etwa zur Kniearthrose für die Lokaltherapie als frühe Option aus, wenn die Gelenkschmerzen geringfügig bis moderat sind. Sowohl die S2k-Leitlinie aus dem vergangenen Jahr als auch die gerade aktualisierte S3-Leitlinie zur Gonarthrose, beide unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie erstellt, formulieren es so: »Die topische Applikation von nicht steroidalen Antirheumatika bei Gonarthrose sollte vor deren oralen Anwendung zur Analgesie und Funktionsverbesserung erfolgen.«

Laut den Leitlinienautoren haben topische und orale NSAR eine vergleichbare Wirksamkeit, Erstere aber weniger gastrointestinale, renale und kardiovaskuläre Nebenwirkungen. Deren systemische Nebenwirkungsrate liege auf Placeboniveau. Der Grund: Bei lokaler Anwendung seien die systemisch erreichbaren Konzentrationen niedrig und liegen im Bereich von bis zu 10 Prozent der Werte nach oraler Gabe, heißt es in einem Beitrag der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft über Wirksamkeit und Sicherheit topisch applizierter NSAR. Dagegen treten bei den Externa vermehrt dermatologische Nebenwirkungen wie Rötungen an der Applikationsstelle, trockene Haut oder Juckreiz auf.

Lokal vor oral

Beispielhaft für die Wirksamkeit und Sicherheit von NSAR-Topika führen die Leitlinienautoren eine Metaanalyse mit 43 Studien aus dem »British Journal of Sports Medicine« aus dem Jahr 2018 auf. Sie besagt, dass durch ein Diclofenac-Pflaster der beste analgetische Effekt erzielt werden kann, gefolgt von Gelen mit Ibuprofen, Piroxicam, Diclofenac und Ketoprofen. Die stärkste funktionsverbessernde Wirkung dabei hatte Piroxicam. Klinische Studien, die die einzelnen NSAR miteinander vergleichen, gibt es nicht.

Wie bewerten die Leitlinienautoren pflanzliche Externa? Insgesamt sei die Evidenz dafür schwach, die Verträglichkeit aber gut. Während die Anwendung eines Gels mit Beinwellextrakt erwogen werden könne, gibt es keine Empfehlung zu Arnika-haltigen Topika. Positiv erwähnt wird eine kleine randomisierte kontrollierte Studie zur topischen Behandlung mit 5%iger Curcuminoid-haltiger Salbe.

Ist die topische Anwendung nicht ausreichend analgetisch wirksam, empfehlen die Orthopäden orale Darreichungsformen von NSAR. Da sie nicht nur analgetisch, sondern auch antiphlogistisch wirken, seien sie bei entzündungsbedingten Arthroseschmerzen besonders wirksam hinsichtlich Analgesie und Funktionsverbesserung.

Umfangreiche Metaanalysen vergleichen die Wirksamkeit von diversen Behandlungsschemata von NSAR, Opioiden und Paracetamol mit einem oralen Placebo. »Danach sind Diclofenac 150 mg/Tag und Etoricoxib 60 mg/Tag anscheinend die wirksamsten Interventionen zur Schmerzlinderung bei Patienten mit Knie- oder Hüftgelenksarthrose«, fassen die Leitlinienautoren zusammen. Paracetamol hat bei Kniearthrosen dagegen keine klinisch signifikante schmerzlindernde Wirkung gezeigt und sollte daher nicht angewendet werden.

Anmerkung: Die für die Selbstmedikation erhältlichen Analgetika wie Naproxen, Diclofenac oder Ibuprofen sind niedriger konzentriert als es vermutlich für eine Arthrose-Therapie notwendig wäre. Ketoprofen und die selektiven Cyclooxygenase-2-Hemmer Celecoxib und Etoricoxib sind ohnehin rezeptpflichtig. Die Leitlinienautoren weisen darauf hin, dass aufgrund großer interindividueller Schwankungen in Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit die Wirkung bei Patienten trotz äquieffektiver Dosierung unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.

Risikofaktor Alter

NSAR sollten unter strenger Indikationsstellung so niedrig dosiert und so kurz wie möglich oral angewendet werden, unter Beachtung von Alter und Komorbiditäten wie kardiovaskulären oder gastrointestinalen Risiken. Was das Blutungsrisiko im Magen-Darm-Bereich betrifft, sind die Patienten laut Leitlinie über entsprechende Symptome, die sich als Völlegefühl, Sodbrennen oder Dyspepsie äußern können, aufzuklären. Ibuprofen hat einer vergleichenden Untersuchung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) aus dem Jahr 2013 zufolge das günstigste gastrointestinale Risikoprofil der gängigen NSAR.

Bei gastrointestinalem Risiko empfiehlt sich ergänzend ein Protonenpumpenhemmer (PPI), bei Ulkusbeschwerden die Therapie mit einem COX-2-Hemmer und einem PPI. Eine Kombination von NSAR ist nicht vorgesehen.

Das Risiko für Nebenwirkungen ist besonders bei älteren Patienten gegeben. Deshalb empfehlen die Leitlinienautoren, ab 60 Jahren nur NSAR mit kurzer Halbwertszeit zu verwenden und die Tagesdosis altersadaptiert zu reduzieren. Außerdem sei eine routinemäßige Überwachung des Gastrointestinaltraktes und Blutdrucks sowie der Nierenfunktion angezeigt. Für Patienten über 75 Jahre sind topische NSAR die Therapie der ersten Wahl.

Stichpunkt Metamizol: Der Wirkstoff zählt in Deutschland ob seines geringen Wechselwirkungspotenzials zu den am häufigsten verordneten Schmerzmitteln (Achtung: Agranulozytoserisiko). Er ist indiziert bei akuten starken Schmerzen wie Tumorschmerzen oder bei Koliken sowie nach Verletzungen oder Operationen. Eine Zulassung bei Arthrose liegt jedoch nicht vor. Metamizol sollte leitliniengemäß daher nur eingesetzt werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg erzielen – und dann auch nur bei starken Schmerzen.

Orale Alternativen

Die Studienlage sowohl zu Glucosamin als auch Chondroitinsulfat als Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ist widersprüchlich. Die Wirksamkeit beider Substanzen hinsichtlich Analgesie und Verbesserung der Gelenkfunktion sowie Lebensqualität sei nicht sicher belegt, heißt es in den Leitlinien.

Während das Kapitel zu Chondroitinsulfat gänzlich gestrichen worden ist, wird die Behandlung mit Glucosamin nicht empfohlen – mit einer Ausnahme. Nämlich dann, wenn sich die Arthrose trotz oraler NSAR-Gabe nicht bessert und ein erhöhtes gastrointestinales Risiko besteht. Die Empfehlung basiert auf einer positiven Nutzen-Risiko-Abwägung und dem Fehlen adäquater Behandlungsalternativen – besonders, wenn ansonsten nur noch die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure oder Corticosteroiden sowie die Gabe von Opioiden als Alternative bleiben. Dabei ist auf eine ausreichende Dosierung von 1500 mg Glucosamin pro Tag zu achten.

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