Was bedeuten die EU-Pläne für den Arzneimittelhandel? |
Jennifer Evans |
26.01.2022 12:30 Uhr |
Alles, was außerhalb des Internets verboten ist, soll auch online illegal sein – so der Vorschlag der EU-Kommission. Im Bereich der Arzneimittel ist die Umsetzung der europäischen Werte aber nicht ganz so leicht. / Foto: Stock Adobe/merklicht
Der Digital Services Act (DSA), der Teil eines ganzen EU-Gesetzpaketes ist, hat gerade eine weitere Hürde genommen. Nachdem das EU-Parlament nun seinen Standpunkt dazu eingenommen hat, beginnen am 31. Januar 2022 die Trilog-Verhandlungen des Parlaments mit dem EU-Ratsvorsitz. Ziel des DSA ist es, den Verbraucherschutz im digitalen Handel zu regeln, sprich Internetnutzer vor illegalen Waren, Inhalten oder Dienstleistungen zu schützen und deren Grundrechte auch online zu wahren.
Ein Aspekt in diesem Regelwerk hat sich damit befasst, ob das Herkunftslandprinzip oder das Bestimmungslandprinzip gelten soll. Und genau dieser Punkt hat Auswirkungen auf den Handel mit Arzneimitteln. Was bedeutet das konkret?
Im EU-Binnenmarkt gilt grundsätzlich das Herkunftslandprinzip. Das heißt: Verkauft ein Unternehmen ein Produkt, gilt dafür das Recht jenes EU-Mitgliedstaates, in dem der Händler sitzt und nicht das Recht des Landes, in das die Ware verkauft wird. Das betrifft natürlich auch Arzneimittel. Weil aber in den verschiedenen EU-Staaten unterschiedliche Regeln zum Beispiel zur Verschreibungspflicht oder Werbung für Medikamente gelten, gestaltet sich das ganze in der Praxis etwas komplizierter.
In Deutschland wird etwa das Thema Werbung deutlich enger gesehen als anderswo. Hierzulande sollen werbliche Anreize die Menschen nämlich nicht dazu animieren, unnötigerweise mehr Arzneimittel zu verbrauchen. Allerdings lassen sich diese Vorgaben nicht richtig umsetzen, wenn in der EU das Herkunftslandprinzip gilt.
Daher hat sich die Pharmaceutical Group of the European Union (PGEU) praktisch schon seit dem ersten Vorschlag der EU-Kommission zum DSA von Ende 2020 dafür stark gemacht, Medikamente künftig als Ausnahme zu diesem Prinzip zu definieren. Das bedeutet, für sie soll nach Auffassung der PGEU stattdessen das Bestimmungslandprinzip greifen. Der Vorteil: Wer dann über eine Versandapotheke in einem anderen EU-Land einkauft, kann sich sicher sein, dass für ihn jeweils der bekannte Rechtsrahmen aus seinem Heimatland ausschlaggebend ist.
Auf nationaler Ebene hatte auch die ABDA immer wieder dafür sensibilisiert, Arzneimittel als »Waren der besonderen Art« zu betrachten, da diese nicht mit anderen Handelsprodukten in der EU vergleichbar seien. Erst in ihrem kürzlich aktualisierten Perspektivpapier »Apotheke 2030« kommt das Thema erneut zur Sprache. Nicht nur in diesem Zusammenhang pochen die Heilberufler ständig darauf, die gesundheitspolitischen Ziele und damit die Versorgung der Patienten vor die Binnenmarktziele der EU zu stellen.
Ob diese Angelegenheit bei den anstehenden Trilog-Verhandlungen jedoch noch einmal aufgegriffen wird, bleibt abzuwarten. Ein Blick auf die aktuelle Version des Ratstexts lässt zumindest wenig Hoffnung zu. Ziemlich pauschal heißt es dort in Bezug auf die Änderungen zum Kommissionsvorschlag: »Was die wirksame Durchsetzung anbelangt, so gilt weiterhin das Herkunftslandprinzip und werden der Europäischen Kommission gleichzeitig ausschließliche Durchsetzungsbefugnisse übertragen, die es ihr ermöglichen, gegen systematische Verstöße sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen vorzugehen.« Auch dem EU-Parlament liegen derzeit keine Änderungsanträge zu diesem Aspekt vor.