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Covid-19

Warum Herdenimmunität als Prävention keine gute Idee ist

Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote – quasi der komplette Verzicht auf sozialen Austausch und berufliche Kreativität – im Kampf gegen das Coronavirus beginnen zu nerven. Da wundert es nicht, dass der Ruf nach einem Ausweg aus dieser Situation immer lauter wird. In das Argumentations- und Forderungskauderwelsch mischt sich auch der Ruf nach der Herdenimmunität als mögliche Präventionsmaßnahme. Diese kommt aber aus mehreren Gründen nicht infrage.
Theo Dingermann
20.04.2020  09:34 Uhr

Herdenimmunität im Fall von Covid-19

SARS-CoV-2 ist glücklicherweise viel weniger infektiös als Mumps. Hier geht man derzeit von einer Basis-Reproduktionsrate R0 von etwa 3 aus. Daraus errechnet sich zwar ein geringerer Anteil an Menschen, die infiziert werden müssen, um die Schwelle zur Herdenimmunität zu erreichen. Er liegt bei etwa 70 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Was zunächst hoffnungsvoll klingt, wird bei näherem Hinsehen mit erschreckenden Konsequenzen erkauft. Denn tatsächlich müssen auf Basis der bisherigen Betrachtung die meisten Menschen in der Population die Krankheit bereits durchgemacht haben. »Und der von Hoffnung getriebene Unsinn, dass sich diese 70 Prozent allein durch die Ansteckung junger Menschen erreichen ließen, ist einfach absurd«, so Meyerowitz-Katz. Absurd ist auch die Vorstellung, dass eine Durchseuchung jüngerer Menschen in einer Population gelingt, ohne dass diese in Kontakt mit der Risikopopulation – ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen – kommen könnten, die es durch Herdenimmunität zu schützen gilt.

Die Auswirkungen eines solchen Szenarios sind besonders erschreckend, wenn man mit absoluten Zahlen operiert. Nach den besten Schätzungen liegt die Sterblichkeitsrate durch Covid-19-Infektionen bei etwa 0,5 bis 1 Prozent. Wenn 70 Prozent der Gesamtbevölkerung erkranken müssen, bedeutet das, dass zwischen 0,35 und 0,7 Prozent aller Menschen in einem Land, das heißt auch junge Menschen, sterben könnten.

Für Deutschland wären das 280.000 bis 560.000 Menschen. Wer will denn das verantworten? Da etwa 10 Prozent aller SARS-CoV-2-Infektionen stationär behandelt werden müssen, würde eine solche »Präventivmaßnahme« unsere Gesundheitssystem mit 8 Millionen Patienten belasten. Es ist eine Tatsache, dass Herdenimmunität ohne die Möglichkeit, durch eine Impfung vor der Krankheit zu schützen, einfach keine Lösung für unsere Pandemieprobleme ist.

Der Zeitpunkt, über Herdenimmunität zu diskutieren, ist dann gekommen, wenn Impfstoffe zur Verfügung stehen, und nicht eine Sekunde früher, so Meyerowitz-Katz. Denn dann werden wir in der Lage sein, die Epidemie wirklich an ihrer Wurzel zu stoppen.

Solange wir keinen Impfstoff haben, ist es einfach falsch, von Herdenimmunität als Präventivstrategie für Covid-19 zu sprechen. Glücklicherweise gibt es andere Möglichkeiten, die Ausbreitung von Infektionen zu verhindern, die alle darauf hinauslaufen, kranke Menschen zu meiden. Die Rezepte haben wir in den vergangenen Wochen eingeübt: weitestgehend zu Hause zu bleiben und ansonsten so viel körperlichen Abstand wie möglich einhalten.

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