Viele Arzneistoffe können sie verschlechtern |
Brigitte M. Gensthaler |
03.05.2022 13:00 Uhr |
Viele ältere Menschen leiden an Herzinsuffizienz. Kurzatmigkeit und Atemnot bei Belastung gehören zu den häufigsten Symptomen. / Foto: Adobe Stock/Katarzyna Bialasiewicz Photographee.eu
Patienten mit Herzinsuffizienz (Heart Failure, HF) sind häufig älter und multimorbid. Etwa 10 bis 20 Prozent der 70- bis 80-Jährigen, mithin etwa 15 Millionen Patienten in der EU, sind betroffen. Apotheker sollten auf Arzneimittel achten, die eine Herzinsuffizienz verschlechtern können, empfahl Dr. Sonja Koch, Fachapothekerin für Klinische Pharmazie von der Universität Erlangen, bei der zentralen Fortbildung der Bayerischen Landesapothekerkammer.
Zu den Arzneistoffen, die eine Herzinsuffizienz auslösen oder verschlechtern können, zählen unter anderem NSAR-Analgetika, Antidiabetika wie Metformin und Gliptine, Antiarrhythmika wie Flecainid, Propafenon und Dronedaron, Antihypertensiva wie Diltiazem und Verapamil, Antiepileptika wie Carbamazepin, trizyklische Antidepressiva und Urologika wie α1-Blocker. Auch Betablocker wie Timolol in Ophthalmika könnten negativ inotrop wirken, wenn sie systemisch aufgenommen werden. »Und es gibt noch viele weitere Wirkstoffe, die eine Herzinsuffizienz verschlechtern können«, so Koch.
Die Basistherapie für alle Herzinsuffizienz-Patienten mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) bilden – sofern nicht kontraindiziert – ein Betablocker, ein ACE-Hemmer und ein Aldosteronantagonist wie Spironolacton oder Epleneron. Wichtig sei es, niedrig dosiert zu beginnen und langsam bis zur höchsten vertragenen oder maximalen Dosis zu steigern, sagte Koch. »Ein bißchen Betablocker oder ACE-Hemmer bringt nichts für die Prognoseverbesserung.« Wenn der Patient weiterhin symptomatisch sei, könne man den ACE-Hemmer gegen einen ARNI (Sacubitril-Valsartan) austauschen und einen SGLT2-Inhibitor wie Empagliflozin oder Dapagliflozin hinzufügen.
In der europäischen Leitlinie zur Herzinsuffizienz wird von Anfang an die Viererkombination empfohlen. Angesichts potenzieller Nebenwirkungen sollten Gliflozine »nicht mit der Gießkanne« gegeben werden, mahnte Koch. Dr. Olaf Rörick, niedergelassener Kardiologe in Möhrendorf/Erlangen, sah dies gelassener: »Praktisch alle Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, haben ein Gliflozin dabei.« Auch die deutschen Leitlinien würden dies bald umsetzen, sagte er bei der Online-Fortbildung.
Die Herzinsuffizienz ist ein Symptomenkomplex, der oft infolge einer Herzerkrankung wie koronare Herzkrankheit oder Klappenfehler, nach Infektion mit kardiotropen Viren (Corona, Influenza), Bestrahlung, zum Beispiel bei Brustkrebs, bei Hypertonie, Vorhofflimmern oder Schilddrüsenüberfunktion auftritt. Eine relativ große Gruppe von Patienten habe jedoch eine idiopathische Herzinsuffizienz, sagte Rörick. Typische Symptome sind Beinödeme, Müdigkeit und reduzierte Belastbarkeit, Kurzatmigkeit bei Belastung (Belastungsdyspnoe) und im Liegen (Orthopnoe) sowie Nykturie (Wasserlassen häufiger als zweimal pro Nacht).