Versendergruppe Zur Rose übertrifft eigene Erwartungen |
Cornelia Dölger |
21.01.2021 16:00 Uhr |
Vom Versandhändler zum »Gesundheitsökosystem«: Zur Rose setzt auf einen Wandel in der Gesundheitsversorgung. / Foto: Foto: Zur Rose
Insgesamt hat Zur Rose im vergangenen Jahr etwa 1,75 Milliarden Schweizer Franken eingenommen (rund 1,62 Milliarden Euro), inklusive der übernommenen deutschen Versender Apotal und Medpex. Dies entspreche einem Wachstum von 14,4, Prozent in Lokalwährungen, teilte der Konzern heute mit. Mit 23,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum sei das Unternehmen im letzten Quartal 2020 besonders rasant gewachsen.
Zur Rose hatte bereits im Vorhinein ein Wachstum von zehn Prozent angepeilt, ein Ergebnis, das nun deutlich übertroffen wurde. Seine Zuversicht schöpfte das Unternehmen schon im August zur Halbjahresbilanz insbesondere aus Firmenzukäufen. Damals schrieb die Gruppe unterm Strich noch rote Zahlen, ging aber davon aus, dass sich die Übernahmen, Integrationen und insbesondere auch die Wachstumsinitiativen beim E-Rezept positiv auswirken würden.
Inzwischen gehören etwa die im niedersächsischen Bad Rothenfelde sowie im pfälzischen Ludwigshafen ansässigen Versender Apotal und Medpex zur Schweizer Gruppe, ebenso die Telemedizinanbieterin Teleclinic aus München. Die Wachstumsbestrebungen im deutschen Markt zahlen sich für die Schweizer aus: Es sei gelungen, den Umsatz (inklusive Apotal und Medpex) hierzulande im vierten Quartal um 29,8 Prozent in Lokalwährung zu steigern, hieß es heute. Für das gesamte Jahr belief sich das Wachstum in Deutschland demnach auf 16,5 Prozent (Lokalwährung).
Die neu hinzugekommene Zur-Rose-Tochter Teleclinic verfünffachte die Zahl der Behandlungen über die Telemedizinplattform, hieß es. Konkrete Zahlen nannte Zur Rose heute nicht, aber in der Bilanz zum dritten Quartal 2020 hieß es ähnlich, dass mit 18.000 Beratungen fünf Mal so viele Arztkonsultationen wie vor der Übernahme zu verzeichnen seien. Hauptgründe für die gestiegene Nachfrage waren laut Zur Rose die Corona-Pandemie sowie der erstmals kostenfreie Zugang für Kassenpatienten. Zudem hieß es heute, dass das Münchner Start-Up ein Portal für digitale Gesundheitsanwendungen entwickelt habe, auf dem sich Ärzte über verordnungsfähige Apps informieren können. Die Übernahme der Teleclinic Mitte vergangenen Jahres war bei vielen Gesundheitspolitikern wegen der dadurch entstehenden Nähe zwischen einer Online-Arztpraxis und einer Versandapotheke auf Kritik gestoßen.
Mehr Firmen unter dem Dach versprechen auch mehr Kunden – dieser Plan ist für Zur Rose aufgegangen. Allein ab Oktober bis Jahresende seien 700.000 aktive Kunden im Vergleich zum Vorquartal hinzugekommen, also Kunden, die die Zur-Rose-Gruppe entweder direkt oder über ihre Partner beliefert. Gegenüber 2019 stieg die Zahl damit um satte 50 Prozent auf insgesamt 10,5 Millionen Kunden. Allein die Übernahme von Apotal im Sommer hatte Zur Rose 1,1 Millionen zusätzliche Kunden beschert. Die Corona-Pandemie, in der viele Kunden online bestellen, dürfte auch ihren Teil zum Anstieg beigetragen haben.
Dass sich Zur Rose nach und nach vom Arzneimittelhändler zum »digitalen Gesundheitsökosystem« weiterentwickeln will, lanciert der Konzern schon länger. Die Übernahme der Teleclinic sei dabei »ein erster wichtiger Baustein« gewesen, hieß es heute. Erst vor wenigen Tagen hatte Zur Rose zudem die Kooperation mit dem dänischen Pharmahersteller Novo Nordisk verkündet. Die Konzerne wollen demnach im Bereich Adipositas-Therapie zusammenarbeiten. Dadurch hofft Zur Rose weitere Kunden an sich binden zu können.
Zugpferd und Aushängeschild der Schweizer ist in Deutschland die Versandapotheke Doc Morris. Sie soll nach deren Plänen zur Dachmarke des Zur-Rose-Gesundheitsökosystems avancieren. Dazu soll es eine neue »Markenarchitektur« geben, zu der unter anderem das überarbeitete Doc-Morris-Logo in Form eines grünen Herzens gehört. Mit einem Werbespot zur neuen Markenidentität («#Herzensangelegenheit«) habe man um die Weihnachtszeit weltweit insgesamt 147 Millionen Aufrufe etwa auf Youtube oder Facebook erreicht. Der Launch der Gesundheitsplattform Doc Morris+ im Dezember sei ein weiterer Baustein für die Weiterentwicklung des Konzerns, heißt es. Damit solle die Kundschaft »erstmals ihre Gesundheit über eine einzige App managen« können. Bei dieser sogenannten Marktplatz-App setzt der Versender nach eigenen Angaben auf die Zusammenarbeit mit Vor-Ort-Apotheken in Deutschland. Deren Interesse war bis zuletzt aber überschaubar.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.