Verbraucherzentralen kritisieren Versender-Marketing |
Benjamin Rohrer |
19.07.2022 17:00 Uhr |
Die Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sorgen sich um die Beratungsqualität und Neutralität im Arzneimittel-Versandhandel. / Foto: IMAGO/Rolf Poss
Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage haben die Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz untersucht, wie sich das Online-Kaufverhalten von Verbrauchern im Bereich der Selbstmedikation während der Pandemie entwickelt hat. Die beiden Institutionen haben dabei unter anderem gefragt, wie oft die Befragten in den verfügbaren Kanälen Präparate zur Selbstmedikation einkaufen (Versandapotheken, Amazon, Online-Drogerien, etc.), welche Kaufkriterien eine Rolle spielen (z.B. Preis, Kundenbewertungen) und welche Informationsquellen (z.B. Webseiten von Behörden, Versandapotheken u.a.) wichtig sind. Befragt wurden Verbraucher aus Deutschland im Alter zwischen 18und 69 Jahren. Unter den Teilnehmenden waren 700 Online-Besteller von rezeptfreien Medikamenten. Als Vergleichsgruppe wurden zudem noch 799 Nicht-Besteller dazu befragt.
Dabei zeigte sich, dass während der Corona-Pandemie 41 Prozent der Befragten rezeptfreie Medikamente im Internet bestellt haben. Bezugsquelle Nummer eins waren die Versandapotheken (86 Prozent), was nicht verwundert, weil andere Anbieter (wie etwa Drogerien) in der Regel keine Arzneimittel anbieten dürfen. Versandapotheken sind auch die Online-Informationsquelle Nummer eins beim Kauf rezeptfreier Medikamente: 89 Prozent der Online-Besteller informierten sich auf diesen Webseiten über Schmerzmittel, Erkältungsmittel und andere Produkte.
Die Meinungen anderer Kunden dienen 73 Prozent der Online-Besteller als Kompass beim Medikamentenkauf im Netz. Neben den Kundenbewertungen spielen die eigenen Erfahrungen, Preis und Bequemlichkeit große Rolle. Bei den jüngeren Online-Bestellern (bis 29 Jahre) nutzen 32 Prozent die Kanäle von Influencern, um sich über Anwendungen und Nebenwirkungen rezeptfreier Medikamente zu informieren.
In einer Kommentierung der Umfrageergebnisse sorgen sich die Verbraucherschützer allerdings um die Beratungsqualität und Neutralität der Angebote der Versandapotheken. Dass auf deren Seiten Werbe-Versprechen wie etwa »Nasenspray gegen Corona«, »Homöopathie 4 Kids« oder »Grünlippmuschelkonzentrat zur Prävention von Alzheimer« gemacht werden, halten die Verbraucherzentralen für bedenklich. Zudem habe es bei Versandapotheken Fälle gegeben, bei denen homöopathische Arzneimittel in Kundenrezensionen mit Wirkungen beworben wurden, die nicht belegt sind. Dabei dürfen registrierte homöopathische Arzneimittel nach dem Heilmittelwerbegesetz gar nicht mit Anwendungsgebieten beworben werden. Die Verbraucherschützer fordern daher, dass die Beratungsangebote von Behörden ausgebaut werden.