Vagusnerv-Stimulation hilft bei Rheuma |
Theo Dingermann |
05.08.2025 15:56 Uhr |
Manche Patienten mit rheumatoider Arthritis sprechen auf krankheitsmodifizierende Medikamente nur unzureichend an. Ihnen könnte eine elektrische Stimulation des Vagusnervs helfen. Ein entsprechendes Gerät hat jetzt in den USA eine Zulassung erhalten. / © Adobe Stock/agenturfotografin
Nach Angaben des Deutschen Rheuma Forschungszentrums (DRFZ) leben in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Dabei handelt es sich um chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankungen, deren Behandlung bisher fast ausschließlich auf systemisch wirkenden krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) beruht. Unter den teils stark immunsuppressiven Medikamenten befinden sich auch etliche Biologika.
Aber nicht alle Patienten sprechen auf eine solche Therapie an. Für diese könnte sich mit der jüngsten Zulassung eines Medizinproduktes durch die FDA eine neue Option auftun, den Leidensdruck durch die Krankheit zu verringern. Bei dem Gerät handelt es sich um ein Device des Unternehmens Setpoint Medical, das Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) chirurgisch in der Halsregion um den Vagusnerv gelegt wird. Der therapeutische Effekt wird dabei nicht pharmakologisch, sondern neurotechnologisch erzielt.
Wie funktioniert das? Die Wirkung beruht auf der Aktivierung des cholinergen antiinflammatorischen Reflexes. Die Vagusnerv-Stimulation reduziert die Zytokinproduktion durch Makrophagen und moduliert das überaktive Immunsystem. Dies führt zu einer Regulation des Immunsystems, nicht aber zu einer vollständigen Immunsuppression, sodass Abwehrfunktionen erhalten bleiben.
Das Setpoint-System wird den Patienten ambulant an den linken zervikalen Vagusnerv implantiert. Es ist etwa so groß wie eine Multivitamin-Tablette. Die elektrische Stimulation erfolgt einmal täglich für eine Minute, typischerweise in den frühen Morgenstunden, wenn der Patient schläft, um die Wahrnehmung zu minimieren. Die Aufladung erfolgt drahtlos einmal wöchentlich über eine Halskette.
Der Nachweis der Wirksamkeit wurde in der Phase-III-Studie RESET-RA erbracht, deren Ergebnisse im vergangenen Jahr im Fachjournal »Bioelectronic Medicine« publiziert wurden. Teilnehmende waren 242 Patienten mit moderater bis schwerer RA, die auf mindestens eine biologische oder zielgerichtete synthetische DMARD-Therapie nicht angesprochen hatten. Alle Patienten erhielten ein Implantat, aber nur bei der Hälfte erfolgte tatsächlich eine vagusnervbasierte elektrische Stimulation (VNS). Bei der anderen Hälfte erfolgte lediglich eine Scheinstimulation.
Nach zwölf Wochen wurde das Ansprechen auf die Therapie mithilfe der Kriterien des American College of Rheumatology erfasst. Eine Besserung der Symptome um mindestens 20 Prozent (ACR20) stellte den primären Endpunkt dar. Diesen erreichten 35,2 Prozent der aktiv stimulierten Patienten im Vergleich zu 24,2 Prozent in der Kontrollgruppe. Besonders wirksam war die VNS in der Subgruppe mit nur einer vorherigen DMARD-Exposition (ACR20-Response: 44,2 Prozent versus 19,0 Prozent). Auch sekundäre Endpunkte zeigten signifikante Verbesserungen.
In der offenen Verlängerungsphase bis Woche 24, in der die Kontrollgruppe ebenfalls auf aktive Stimulation umgestellt wurde, stieg die ACR20-Response auf mehr als 50 Prozent in beiden Gruppen. Zudem konnten 81 Prozent der Patienten ohne zusätzliche Immunsuppressiva (außer ihrer konventionellen DMARD-Basistherapie) weiterbehandelt werden.