Transidente Menschen |
Für die Apotheke ist natürlich die Pharmakotherapie bei Transidentität besonders interessant, da die Patienten (w/m/d) in die Apotheke kommen und möglicherweise Fragen haben. Tatsächlich ist die Hormontherapie bei Transidentität sehr einfach, da nur wenige Arzneistoffe zum Einsatz kommen.
Bei Transfrauen werden im Normalfall zwei Arzneistoffe verwendet: ein Hormonblocker und das gegengeschlechtliche Hormon. Als Hormonblocker wird meistens Cyproteronacetat (Beispiel Androcur®) verwendet. Das Antiandrogen hemmt kompetitiv die stimulierende Wirkung von Testosteron und 5α-Dihydrotestosteron im Hypothalamus und senkt damit den Testosteronspiegel in der Peripherie. Die Dosierung wird individuell eingestellt und liegt normalerweise bei 2,5 bis 12,5 mg am Tag.
Manchmal wird auch der Aldosteron-Antagonist Spironolacton verwendet, in Deutschland eher bekannt als kaliumsparendes Diuretikum. Er hemmt die Synthese von Testosteron und verhindert dessen Bindung an die Androgenrezeptoren.
Dazu bekommen Transfrauen üblicherweise Estradiol, entweder in oraler Form oder als Dermatikum (Beispiel: Estrifam®, Gynokadin® oder TTS-Pflaster), um dem Körper die fehlenden weiblichen Hormone zuzuführen (Tabelle 2). Die Entscheidung über den Applikationsweg trifft meistens die Frau selbst, außer es liegen entsprechende medizinische Kontraindikationen vor. Das Ziel sind in erster Linie physiologische Blutspiegel einer Frau und das individuelle Wohlbefinden. Der absolute Blutspiegel spielt eine untergeordnete Rolle, muss aber trotzdem regelmäßig kontrolliert werden.
Transgender | körperliche und seelische Folgen der Hormontherapie |
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Transmann | Ausbleiben der Regelblutung |
Scheidentrockenheit, Atrophie der Schleimhäute, Klitoriswachstum | |
Bartwuchs und verstärkte Körperbehaarung, bei entsprechender Veranlagung: Geheimratsecken, Haarausfall | |
Hautunreinheiten | |
Stimmbruch: Stimme wird tiefer | |
Umverteilung des Körperfetts: männlichere Körperformen | |
Muskelmasse steigt | |
Brustgewebe kann an Fett verlieren und dadurch weicher wirken, die Brust an sich schrumpft nicht | |
manchmal Größenwachstum (wenige Zentimeter) | |
Libido steigt | |
Aggressivität steigt, Emotionalität sinkt | |
Transfrau | Brustwachstum, Empfindlichkeit der Brustwarzen steigt |
Umverteilung des Körperfetts (Gynäkomastie): weiblichere Körperformen | |
Körperbehaarung wird feiner und wächst langsamer | |
Haut wird dünner, feiner, trockener | |
schnelleres Frieren | |
Muskelmasse sinkt | |
Hodenatrophie, Schrumpfung der Prostata, Impotenz | |
Libido sinkt | |
Aggressionsneigung sinkt, Emotionalität steigt |
Hat die Transfrau bei einer genitalangleichenden Operation ihre Hoden entfernen lassen, sind Hormonblocker meist nicht mehr erforderlich und man gibt ausschließlich Estradiol. Da Cisfrauen physiologisch ab einem gewissen Alter in die Wechseljahre kommen, kann auch bei Transfrauen im entsprechenden Alter die Hormongabe verringert oder abgesetzt werden, was aber im Einzelfall mit der Patientin entschieden wird.
Ziel der Testosteron-Substitution bei Transmännern ist der physiologische Blutspiegel. / Foto: Adobe Stock/mbruxelle
Der pharmakotherapeutische Ansatz bei Transmännern ist ähnlich einfach. Man gibt das männliche Hormon Testosteron in der passenden Dosierung. Dadurch wird sowohl die Freisetzung von Gonadorelin (GnRH) als auch von Luteinisierendem und Follikelstimulierendem Hormon (LH und FSH) über einen negativen Rückkopplungsmechanismus gehemmt, sodass der Estrogenspiegel sinkt (lesen Sie dazu auch den Titelbeitrag »Testosteron« in PZ 50/2019). Die Applikation erfolgt entweder als Depotinjektion (Beispiel: Nebido®) oder dermal (Beispiel: Testogel®) in mit dem Patienten zu erarbeitenden Abständen und Menge.
Auch hier gilt: Wohlbefinden vor Blutspiegel! Doch natürlich müssen auch diese Patienten regelmäßig zur Blutabnahme. Der Patient entscheidet außer bei medizinischen Gründen, welche Form der Therapie zu ihm passt. Ziel ist der physiologische Blutspiegel (Tabelle 2).