Tocilizumab enttäuscht in Phase III |
Daniela Hüttemann |
29.07.2020 13:40 Uhr |
Bei schwer erkrankten Covid-19-Patienten kann das Immunsystem entgleisen. Tocilizumab soll es ausbremsen. / Foto: Getty Images/Taechit Taechamanodom
In der placebokontrollierten COVACTA-Studie wurde Tocilizumab (Roactemra®) Covid-19-Patienten mit Lungenentzündung und schwerer Symptomatik zusätzlich zur Standardbehandlung gegeben. Primärer Endpunkt war ein verbesserter klinischer Status, ermittelt anhand einer Skala in sieben Kategorien. Hier habe der Antikörper nach vier Wochen nicht besser abgeschnitten als Placebo, teilte Roche das vorläufige Ergebnis heute mit. Auch beim sekundären Endpunkt, der Mortalität, wurde kein Unterschied gefunden (19,7 versus 19,4 Prozent Sterberate). Todesfälle konnten also nicht verhindert werden. Immerhin gab es einen positiven Trend, dass mit Roactemra behandelte Patienten das Krankenhaus eher verlassen konnten als die Patienten der Placebogruppe (20 versus 28 Tage).
Roche will die Daten nun genauer analysieren und den Einsatz des eigentlich bei rheumatoider Arthritis indizierten Medikaments bei Covid-19-Patienten weiter untersuchen. »Rund um die Welt warten die Menschen auf wirksame Behandlungsmöglichkeiten für Covid-19 und wir sind enttäuscht, dass COVACTA keinen Vorteil für die Patienten zeigen konnte, weder beim klinischen Status noch hinsichtlich der Sterblichkeit nach vier Wochen«, kommentiert Roches Chief Medical Officer und Leiter der globalen Produktentwicklung, Dr. Levi Garraway. Man wolle weiter gegen die Pandemie kämpfen.
COVACTA war die erste randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie mit Tocilizumab bei Covid-19. Durchgeführt wurde sie mit 450 Patienten in den USA, Kanada und Europa. Roche habe bereits zwei weitere Phase-III-Studien initiiert, REMDACTA und EMPACTA. In REMDACTA wird Tocilizumab in Kombination mit Remdesivir erprobt, die Studie soll am Freitag abgeschlossen werden. Es laufen noch weitere Studien.
Tocilizumab hemmt Interleukin-6. Der monoklonale Antikörper soll bei einer Entgleisung des Immunsystems, einem Zytokinsturm, die Entzündungs-Signalkaskade unterbrechen. Erste Studienergebnisse machten durchaus Mut, dass dies gelingen kann. Eine gefährliche Nebenwirkung ist, dass dadurch das Risiko für Sekundärinfektionen steigt. In der COVACTA-Studie traten jedoch keine neuen Sicherheitssignale auf und das Infektionsrisiko war mit dem der Placebogruppe vergleichbar (38,3 versus 40,6 Prozent, darunter 21,0 versus 25,9 Prozent schwere Infektionen).
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.