Titandioxid in Lebensmitteln als »nicht sicher« eingestuft |
Annette Rößler |
20.05.2021 14:00 Uhr |
Titandioxid (E 171) kann unter anderem Mozzarella zugesetzt werden, um den Käse noch weißer zu machen. / Foto: Adobe Stock/denio109
Titandioxid (TiO2) findet aufgrund seiner strahlend weißen Farbe vor allem Verwendung bei der Herstellung von Farben und Lacken, kommt daneben aber auch als Zusatzstoff von Lebens- und Arzneimitteln sowie von Kosmetika zum Einsatz. Unter der Bezeichnung E 171 taucht es etwa in den Zutatenlisten von feinen Backwaren, Suppen, Brühen, Soßen, Salaten, herzhaften Brotaufstrichen, verarbeiteten Nüssen und Süßwaren auf. Überzüge von Kaugummidragees, aber auch Arzneimitteln können ebenfalls TiO2 enthalten. In Sonnenschutzmitteln dient TiO2 als sogenannter mineralischer Filter, da es das UV-Licht reflektiert. Als CI 77891 kommt der Stoff schließlich auch in Kosmetika vor, zum Beispiel in Zahnpasta.
Wird TiO2 eingeatmet, ist es krebserregend. In Pulverform muss die Substanz daher seit einigen Jahren mit einem entsprechenden Warnhinweis versehen werden. Auch das gesundheitliche Risiko beim Verzehr von TiO2 wird seit Längerem diskutiert. Problematisch ist, dass TiO2-Nanopartikel über den Darm vom Köper aufgenommen werden können und sich im Gewebe anreichern. Vor einigen Jahren konnte gezeigt werden, dass diese Nanopartikel Entzündungen triggern. Darüber hinaus haben sie möglicherweise auch eine genotoxische Wirkung, können also die menschliche DNA schädigen. Aus diesem Grund ist E 171 in Frankreich als Lebensmittelzusatzstoff seit 2020 verboten.
Die französische Gesundheitsbehörde Anses verwies seinerzeit zur Begründung des Verbots auf fehlende Daten, weshalb keine akzeptable Tagesdosis für TiO2 festgelegt werden könne. Dies bestätigt nun die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach erneuter Prüfung: »Obwohl die Evidenz für allgemeine toxische Wirkungen nicht schlüssig war, konnten wir auf der Grundlage der neuen Daten und weiterentwickelten Methoden Bedenken hinsichtlich der Genotoxizität nicht ausschließen und folglich keine sichere Menge für die tägliche Aufnahme des Lebensmittelzusatzstoffs festlegen«, sagte Professor Dr. Matthew Wright, Vorsitzender der EFSA-Arbeitsgruppe zu E 171. Die EFSA betrachte TiO2 als Lebensmittelzusatzstoff daher nicht mehr als sicher.
Die EFSA hat lediglich eine beratende Funktion und kann keine Verbote aussprechen. Ob die Verwendung von E 171 in Lebensmitteln untersagt wird, müssen nun die EU-Kommission beziehungsweise die einzelnen Mitgliedstaaten der EU entscheiden.
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auf seiner Website einen ausführlichen Fragen- und-Antwort-Katalog zu TiO2 veröffentlicht. Darin ordnet es die Gesundheitsgefahr, die von TiO2 aufgrund der möglichen Genotoxizität ausgeht, wie folgt ein: »Grundsätzlich gilt, dass in vielen Lebensmitteln Inhaltsstoffe mit genotoxischem Potenzial enthalten sind. Diese sind sehr häufig auch natürlichen Ursprungs und daher unvermeidbar in der täglichen Ernährung. Für einige genotoxische Substanzen in Lebensmitteln liegen Erkenntnisse zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Menschen vor. Bei Titandioxid ist dieser Zusammenhang durch Humanstudien bislang nicht belegt. Allerdings werden an Zusatzstoffe besondere gesundheitliche Anforderungen gestellt.«