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Allergische Rhinokonjunktivitis

Therapie mit Weitblick

In der Offizin bei der allergischen Rhinokonjunktivitis nur ein Antihistaminikum abzugeben, ist kurzfristig gedacht. Es gilt, den Patienten aufzuklären und über ursächliche Therapieoptionen zu informieren. Dr. Uso Walter, HNO-Arzt aus Duisburg, erklärt warum.
Elke Wolf
04.03.2021  17:30 Uhr

Ursächliche Therapie

Walter legt Wert auf eine ausführliche Diagnostik. »Die Diagnose ist wichtig, um zu wissen, welches Allergen klinisch überhaupt relevant ist. Welches ist das Leitallergen, das die Symptomatik triggert und unterhält? Vielleicht verschlechtert die Katze im Haus oder eine Hausstaub-Allergie die saisonalen Beschwerden.«

Die Rate an Hyposensibilisierungen nehme kontinuierlich zu. Walter: »Es hat sich herumgesprochen, dass diese Art der ursächlichen Therapie gut funktioniert. In vielen Fällen haben wir schon nach ein bis zwei Jahren spürbare Erfolge, sodass die Patienten ausreichend motiviert sind, auch das dritte Jahr durchzuhalten. Und die Möglichkeit, eine Hyposensibilisierung oral durchzuführen, also zu Hause in Eigenregie mit Tropfen oder Tabletten, ist auch eine große Erleichterung.«

Laut Walter funktioniert eine Immuntherapie am besten, wenn gegen ein oder zwei Allergene hyposensibilisiert wird. »Häufig ist etwa eine Kombination von Gräsern und Frühblühern, gegen beide lässt sich gut in Kombination hyposensibilisieren. Wenn der Patient allerdings auf viele Allergene reagiert, muss man sich für zwei Leitallergene entscheiden. Eine Hyposensibilisierung gegen mehrere Allergene funktioniert nicht. Das ist für das Immunsystem, wie eine Fremdsprache zu lernen. Mehrere Sprachen gleichzeitig zu lernen, überfordert einen. Für das Immunsystem wäre das auch zu viel Input. Aber eine Hyposensibilisierung gegen maximal zwei Leitallergene schraubt auch die Gesamtsymptomatik herunter, sodass der Patient insgesamt gesehen eine Erleichterung erfährt.«

Symptomorientiert behandeln

Bei leichteren Beschwerden, die den Alltag nur wenig beeinträchtigen, empfiehlt HNO-Arzt Walter, ein Antihistaminikum in der Offizin abzugeben. »Die Darreichungsform sollte sich an den vorherrschenden Symptomen orientieren, also eher lokal als oral.« Bei einem allgemeinen Erschöpfungsgefühl sei die systemische Gabe angezeigt. Bereichern die in den vergangenen Jahren erfolgten OTC-Switches etwa von Levocetirizin und Desloratadin die Selbstmedikation? »Sie erweitern das Spektrum durchaus, wenn die klassischen Cetirizin und Loratadin nicht funktionieren. Im Einzelfall, und das sind schätzungsweise 5 bis 10 Prozent der Patienten, schlagen andere Antihistaminika besser an.« Hinweis: Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hat sich Anfang des Jahres einstimmig für die Entlassung von Bilastin (20 mg je abgeteilter Form) aus der Verschreibungspflicht ausgesprochen. Ob es jedoch ab Sommer einen OTC-Vertreter von Bilastin geben wird, ist fraglich. Die von der PZ angeschriebenen infrage kommenden Firmen bekundeten zumindest derzeit kein Interesse.

Sind die Beschwerden stärker ausgeprägt, sodass sie den Alltag beeinträchtigen und regelmäßig auftreten, sieht Walter die nasalen Steroide vorne. Auch nach den Behandlungsempfehlungen der internationalen Initiative ARIA (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) sowie internationale Leitlinien sind die topischen Glucocorticoide erste Wahl. Sie punkten vor allem deshalb, weil sie neben der symptomatischen Hilfe auch das entzündliche Geschehen eindämmen.

Die nasalen Glucocorticoide sollten zum Einsatz kommen, wenn die Nasensymptomatik im Vordergrund steht. »Das ist vor allem bei einer Hausstauballergie sehr typisch. Dabei ist die Nase extrem trocken, die Schleimhaut ist geschwollen. Patienten haben oft weder Juckreiz noch vermehrte Sekretion. Eigentlich sieht das Beschwerdebild gar nicht nach einem klassischen Heuschnupfen aus. Hier würde kein Antihistaminikum helfen, hier braucht es ein nasales Steroid.« Dass es eine ganze Arzneistoffgruppe ist, die die nasalen Steroide ausmacht, sieht Walter positiv. »Es gibt immer mal wieder Patienten, die das eine besser wirksam finden als das andere. Es scheint individuelle Unterschiede im Wirkprofil zu geben. Manche erfassen etwa die Augensymptomatik besser mit als die anderen.«

Die Erfahrung zeige, dass eine adäquate Behandlung der Nase auch die Beschwerden an den Augen minimiere. Darin sieht Walter den Grund, warum Mastzellstabilisatoren zumindest im HNO-Bereich an Bedeutung verloren haben. Cromoglicinsäure-Salze haben ihr Einsatzgebiet ohnehin in der Vorbereitung auf die Saison.

Die vorbeugende Applikation ist Walter zufolge auch bei den nasalen Steroiden ein guter Tipp. »Der Patient ist gut beraten, schon vor der Pollensaison mit den Nasensprays zu beginnen. Wenn man genau weiß, dass man auf Birkenpollen allergisch reagiert, sollte man einige Wochen zuvor beginnen, die Nase zu sprühen. Die Symptome fallen dann reduzierter aus. Wenn es dem Patienten mehrere Jahre hintereinander gelingt, mit der Therapie vor der Saison zu beginnen, wird er feststellen, dass die Symptomatik immer weniger wird – weil er gar nicht mehr in die Phase der Inflammation hereinkommt«, erklärt der Fachmann.

Walter begrüßt es, dass die OTC-Glucocorticoid-haltigen Nasensprays bei allergischer Rhinitis seit rund zwei Jahren wieder zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung rezeptiert werden dürfen. »Das hat den Vorteil, dass wir den Patienten einmal im Quartal sehen, die Therapie so im Auge behalten und eventuell nachjustieren können. So können wir auf andere Therapieoptionen wie eine Hyposensibilisierung hinwirken.«

Während die längerfristige Einnahme oder Applikation eines Antihistaminikums laut Walter nicht kritisch zu sehen ist, könnten nasale Steroide die Nase austrocknen und zu Nasenbluten führen. Er empfiehlt deshalb, den Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand zu applizieren und eine befeuchtende Nasensalbe aufzutragen. Als weiteren guten Tipp gibt er simple Nasenspülungen mit Salzlösungen mit auf den Weg. »Spülungen sind sehr gut, wenn die Nase trocken, verborkt oder voroperiert ist, weil man einen befeuchtenden und einen Reinigungseffekt hat. Bei einer Nase, die nur trocken ist und nicht verborkt, reicht ein Meersalzspray oder isotonische Lösung.«

Arzneistoffgruppe Wirkstoff Besonderheiten
Antihistaminika oral Cetirizin (wie Zyrtec®) abhängig von Darreichungsform teils ab 1 Jahr
Loratadin (wie Lorano®) abhängig von Darreichungsform teils ab 1 Jahr
Levocetirizin (wie Levocetirizin Stada®) Levocetirizin ab 6 Jahre
Desloratadin (wie Lorano® Pro) Desloratadin ab 2 Jahre
Clemastin (wie Tavegil®) Clemastin müde machend
Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) Azelastin (wie Azedil®, Allergodil®, Pollival®, Azela-Vision®, Vividrin®) Azelastin als AT ab 4 Jahre (saisonal),
ab 12 Jahre (perennial)
Levocabastin (wie Livocab®) Levocabastin ab 1 Jahr, vor Anwendung schütteln, da Suspension
Ketotifen (wie Zaditen® ophtha) Ketotifen ab 3 Jahre
Nasale Steroide Beclometasonpropionat (wie Ratioallerg® Heuschnupfenspray, Rhinivict® nasal), Erwachsene ab 18 Jahre, verzögert einsetzende Wirkung, Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand, um Nasenbluten zu vermeiden
Fluticasonpropionat (wie Otri Allergie® ­Nasenspray Fluticason) Erwachsene ab 18 Jahre, verzögert einsetzende Wirkung, Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand, um Nasenbluten zu vermeiden
Mometasonfuroat (wie Momeallerg® ­Galenpharma, Mometahexal®) Erwachsene ab 18 Jahre, verzögert einsetzende Wirkung, Sprühstoß Richtung Augenwinkel und nicht Richtung Nasenscheidewand, um Nasenbluten zu vermeiden
Mastzellstabilisatoren topisch Cromoglicinsäure-Salze (wie Pollicrom® ­Nasenspray und Augentropfen, Allergo-Comod® Augentropfen, Vividrin® antiallergische Augentropfen) vorbeugende Wirkung, 2 Wochen vor der Saison beginnen, wenige Neben­wirkungen, daher auch für Kleinkinder, Schwangere und Stillende geeignet
Die Tabelle listet die verschiedenen Arzneistoffgruppen auf, die gegen allergische Rhinokonjunktivitis ohne Rezept zum Einsatz kommen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
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