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Galenische Weiterentwicklung

Tebonin konzent jetzt kleiner

Ab April 2020 wird Dr. Willmar Schwabe eine galenische Weiterent­wicklung des etablierten Ginkgo-Extrakts EGb 761® auf den Markt bringen. Die neue kleinere Tablette von Tebonin® konzent® 240 mg hat im Vergleich zur vorherigen Tebonin® konzent® 240 mg Tablette ein um 45 Prozent reduziertes Volumen und erfüllt damit ein wichtiges Kriterium für eine gute Schluckbarkeit.
PZ
04.03.2020  14:00 Uhr

Tebonin konzent in einer Tageseinmaldosis von 240 mg ist zur Behandlung von altersbedingten kognitiven Beeinträchtigungen und der Verbesserung der Lebensqualität bei leichter Demenz zugelassen. Auf Basis der guten Studien­lage wird es in der Indikation Demenz von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Demenz gilt als eine stark altersassoziierte Erkrankung, die vor allem bei über 70-Jährigen auftritt. Damit stellt Tebonin konzent in erster Linie ein Arzneimittel für ältere Menschen dar – eine Patientengruppe, die außerdem häufig gleichzeitig unter Schluckstörungen leidet.

Bei der Entwicklung der neuen kleineren Tablette orientierte sich Schwabe an verschiedenen Literaturdaten, in denen Schluckstörungen bei der Medikamenteneinnahme untersucht wurden. Eine der größten Befragungen zu Schwierigkeiten beim Schlucken oraler Darreichungsformen stammt aus dem Jahr 2013 (»European Journal of Clinical Pharmacology«, DOI: 10.1007/s00228-012-1417-0). Bei einer Befragung von über 1000 Patienten in Allgemeinarztpraxen gaben die Befragten die Tablettengröße als häufigsten Grund für Schluckstörungen an, als zweithäufigsten die Oberfläche, während Form und Geschmack seltener genannt wurden. Hartgelatine-Kapseln, Weichgelatine-Kapseln und Oblong-Tabletten führten besonders häufig zu Schluckschwierigkeiten, auch wenn die Mehrzahl der Befragten keine Präferenz für eine bestimmte Tablettenform hatte.

Nahezu optimale Maße

Auf Basis dieser Literatur entwickelte Schwabe die kleinere Tablette als ovale Tablette mit Filmüberzug und mit einem um 45 Prozent reduzierten Volumen. Mit den Dimensionen 14,5 x 7,7 x 4,9 mm und einem Volumen von etwa 0,28 ml ist sie damit nahe den Ideal­maßen gemäß der genannten Studie (13 x 7 x 5 mm, Volumen 0,21 ml). Die neue kleinere Tablette erfüllt somit wichtige Kriterien für eine gute Schluckbarkeit und orientiert sich damit an den Bedürfnissen der geria­trischen Zielgruppe.

Anlässlich der Markteinführung hatte Hersteller Dr. Willmar Schwabe kürzlich ein Expertenforum zum Thema »Arzneiformen für Senioren« in Karlsruhe-Durlach ausgerichtet. Der Fokus der Veranstaltung lag auf den Besonderheiten in der Beratung von geria­trischen Patienten mit Augenmerk auf dem Problem Schluckstörungen.

»Zwischen 25 bis 30 Prozent der über 65-Jährigen geben an, dass sie an Schluckstörungen leiden«, sagte Dr. Jochen Keller, Klinischer Sprach- und Schlucktherapeut am St. Martinus-Krankenhaus in Düsseldorf, auf dem Expertenforum und verdeutlichte damit die Relevanz der Problematik. Die Pathogenese von Schluckstörungen, auch Dyspha­gien genannt, sei in der Regel sehr individuell und von Patient zu Patient unterschiedlich. Das erkenne man schon daran, dass Beschwerden in verschiedenen Phasen des Schluckvorgangs auftreten könnten: Manche Patienten hätten beispielsweise schon zu Beginn des Schluckaktes das Problem, dass die Zunge das zu Schluckende nicht richtig in den Rachen oder Hals befördere. Andere wiederum hätten einen verzögerten Schluckreflex oder eine verringerte Muskulatur im Hals- und Rachenraum, sodass das zu Schluckende im Hals verbleibe. Letzteres sei zum Beispiel bei Parkinson-Patienten der Fall.

Laut Professor Dr. Walter Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmako­epidemiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, sind runde Tabletten die orale Darreichungsform, die am schwierigsten geschluckt werden könne. Besser geeignet seien in der Regel ovale beziehungsweise sogenannte Oblong-Tabletten. Zudem »ist die Größe der Tablette weniger entscheidend dafür, wie gut sie geschluckt werden kann. Von größerer Bedeutung ist die Steghöhe.« Professor Dr. Kurt E. Hersberger vom Institut für Klinische Pharmazie der Universität Basel ergänzte: »Auch die Beschaffenheit der Oberfläche spielt eine Rolle.« Denn sehr hydrophile oder klebrige Oberflächen, etwa aus Gelatine oder Celullosederivaten, seien schwer zu schlucken.

Tipps für die Beratung

Die Experten betonten, dass Apotheker und PTA mehr für das Thema Schluckstörungen sensibilisiert werden müssten. Besonderes Augenmerk sollte diesbezüglich auf einer differenzierten Betrachtung der enormen Spannweite der geriatrischen Patienten zwischen 65 bis 100 Jahre gerichtet werden. Hersberger riet, in der Apotheke gezielt nachzufragen und die »Übeltäter« zu kennen. Zu ihnen zähle beispielsweise Metformin, da die Tabletten vergleichsweise groß und nicht befilmt seien.

Haefeli empfahl zudem, den Patienten zu fragen, welche genaue Darreichungsform Beschwerden verursache. Häufig sei es nur eine Frage der richtigen Technik. »Mit einer einminütigen Schulung ist über 90 Prozent der Patienten in der Apotheke bereits geholfen«, so der Pharmakologe und gab zwei Tipps mit auf den Weg. Beim Nick-Trick nimmt der Patient die Kapsel mit einem Schluck Wasser in den Mund, neigt den Kopf Richtung Brustkorb und schluckt die Kapsel in dieser Position. Tabletten hingegen können einfacher geschluckt werden, wenn der Patient den Kopf in den Nacken legt und gleichzeitig mithilfe von Saugbewegungen aus einer PET-Flasche trinkt (Flaschen-Trick).

Dr. Sebastian Michael, Inhaber der Löwen-Apotheke in Waldheim, rät Kunden, die unter Schluckbeschwerden leiden, Tabletten oder Kapseln mit ihrem Lieblingsgetränk in Form von Saft oder Tee einzunehmen. »Wenn es schmeckt, dann fällt das Schlucken auch oft leichter.« Wenn auch das nicht helfe, sollten sie die Einnahme zusammen mit Haferschleim ausprobieren. Der habe eine gut schluckbare Konsistenz.

Befürchtete Interaktionen mit ­Lebensmitteln kann man Michael zufolge hier weitgehend außer Acht lassen. »Wenn es zu äußerst unwahrscheinlichen Lebensmittelinteraktionen kommen sollte, kommt immer noch mehr vom Wirkstoff im Organismus an, als wenn der Patient es gar nicht schluckt«, erklärte er. Keller ergänzte: »Am besten geeignet bei Schluckstörungen sind honig- oder nektarartige Konsistenzen.« Flüssigkeiten wie Wasser hingegen hätten neben festen Substanzen die am schwierigsten schluckbare Konsistenz.

Fazit

Die Experten waren sich einig, dass die neue kleinere Tablette von Tebonin konzent einen relevanten galenischen Fortschritt für die Anwendung durch ältere Personen darstellt. Sie vermuten zudem einen positiven psychischen Effekt, den die kleineren Tabletten auf den Patienten und dessen Schluckverhalten haben können. Offizin-Apotheker Michael bestätigte, dass die verkleinerte Darreichungsform letztlich ein Argument mehr sein wird, um Tebonin konzent in der ­Patientenberatung anstelle anderer Ginkgo-Präparate zu empfehlen.

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