Studenten machen beim Versandverbot Druck |
Für Versandhändler müssen die gleichen Regeln gelten wie für deutsche Präsenzapotheken, fordern Studenten der Pharmazie. / Foto: Fotolia/Visual Cortex
In den sozialen Netzwerken läuft die Kampagne unter #MitUnsNicht. Dort werde man in den kommenden Tagen und Monaten auf den ungleichen Wettbewerb zwischen ausländischen Versendern und deutschen Präsenzapotheken eingehen, erklärte der Sprecher der Kampagne, Benedikt Bühler. Außerdem soll es um die zahlreichen Leistungen gehen, die Apotheken vor Ort übernehmen. Ziel der Aktion ist es, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Umsetzung des Rx-Versandverbots zu drängen, um damit endlich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Oktober 2016 zu reagieren. Die Richter hatten Versender aus dem EU-Ausland damals von der deutschen Preisbindung für Rx-Arzneimittel befreit. Seitdem hängt hierzulande der Wettbewerb im Apothekenmarkt schief.
Hinter der Kampagne stehen neben Bühler weitere Studierende des deutschsprachigen Studiengangs Pharmazie der Semmelweis-Universität in Budapest. Sie warnen vor einer Kommerzialisierung der Versorgung und sehen damit letztlich das Wohl der Patienten in Gefahr. So würden durch die Boni-Angebote der Versender für die Apotheken überlebenswichtige Rezepte aus dem deutschen Markt abgezogen. »Damit wird ein System zerstört und ein wichtiger Bestandteil des Mittelstands geschwächt zugunsten von großen Kapitalgesellschaften, die in das deutsche Gesundheitssystem einwandern möchten«, sagte Bühler.
Erst vor wenigen Tagen hatte der 19-jährige Student in dieser Angelegenheit bereits einen offenen Brief an die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer verfasst. Darin fordert er die Parteichefin auf, mit Blick auf das Rx-Versandverbot endlich Farbe zu bekennen. Das Verbot hatte Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ursprünglich auf den Weg gebracht, vor der Bundestagswahl im Herbst 2017 aber nicht mehr durchsetzen können. Spahn möchte das Vorhaben nun nicht weiterführen, sondern lediglich einen Deckel für die Boni der Versender einführen.
Aus seiner Enttäuschung über den Minister macht Bühler, der selbst CDU-Mitglied ist, keinen Hehl. Parallel zu der Kampagne hat er zusammen mit den anderen Studenten daher eine Petition ins Leben gerufen, mit der sie die Bundesregierung dazu auffordern, sich an den Koalitionsvertrag zu halten. Dort hatten Union und SPD ursprünglich festgehalten, sich für das Versandhandelsverbot einsetzen zu wollen. Um gleiche Chancen im Apothekenmarkt herzustellen, fordern die Studierenden darüber hinaus, dass im Online-Handel eine Video-Beratung bei jeder Arzneimittel-Bestellung zur Pflicht wird. Ein solches Beratungsgespräch sei problemlos machbar und schütze die Patienten, heißt es in der Petition. »Bleibt hingegen alles beim Alten, sind Vor-Ort-Apotheken benachteiligt, weil sie nicht einfach Medikamente ohne Beratung abgeben dürfen.«
Bühler und seine Mitstreiter stellen offen infrage, ob Spahn als Gesundheitsminister noch tragbar ist. Dieser hatte das Verbot zuletzt immer wieder als politisch und rechtlich nicht umsetzbar erklärt. Das aber sei schlichtweg falsch, heißt es in der Petition. So gebe es allein drei juristische Gutachten, die das Gegenteil bewiesen. Spahns Blockadehaltung werte man daher als »Betrug an den Wählern«.
Zwei Monate lang wird die Petition laufen. Kommen dabei mindestens 50.000 Unterschriften zusammen, könnte Bühler die Chance erhalten, sein Anliegen persönlich vor dem Petitionsausschuss im Bundestag vorzutragen. Für die Kampagne haben sich die Pharmaziestudenten nach eigenen Angaben bereits Unterstützung organisiert. Demnach stehen die Apothekengewerkschaft Adexa ebenso wie die Freie Apothekerschaft hinter der Aktion. Auch Linken-Arzneimittelexpertin Sylvia Gabelmann unterstützt die Aktion. Die Linkspartei fordert bereits seit Jahren ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten.