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Tabakindustrie will Freigabe

Streit um Nikotinbeutel 

Sie sind klein, aus Zellulose und sie schmecken nach Minze, Beeren oder Cocktails. Die Rede ist von Nikotinbeuteln, die immer häufiger konsumiert werden in Deutschland. Die Tabakindustrie setzt sich für eine Freigabe ein. Doch es gibt Widerstand. 
AutorKontaktdpa
Datum 21.02.2025  15:30 Uhr

Deutschlands Tabakbranche dringt auf die Zulassung von Nikotinbeuteln, die als weniger schädliche Alternative zu Zigaretten dargestellt werden. »In vielen anderen EU-Staaten sind sie legal zu kaufen, aber Deutschland lässt das nicht zu – damit verzichtet der Bund auf Steuereinnahmen und auf die Kontrolle der Produkte«, sagte der Geschäftsführer External Affairs von Philip Morris Deutschland, Torsten Albig, der dpa in Berlin.

Der frühere SPD-Politiker hofft darauf, dass die neue Bundesregierung den Verkauf der »Pouches« (englisch für Beutel) in Geschäften legalisiert. »Erwachsenen Rauchern können sie helfen, um von der Zigarette wegzukommen.« Gesundheitsforscher und Politiker warnen hingegen vor den Gefahren der Pouches, dies auch mit Blick auf junge Menschen.

Die kleinen Beutel werden unter die Oberlippe geschoben, damit der Körper Nikotin aufnimmt. Sie enthalten keinen Tabak, aber Aromen – sie schmecken etwa nach Menthol, Zimt oder Früchten. Unlängst hatte die US-Behörde FDA die Vermarktung bestimmter Nikotinbeutel-Produkte in den USA genehmigt, diese Entscheidung verstehen die Hersteller als Rückenwind.

Die Tabakbranche ist im Wandel, die großen Konzerne wollen allmählich weg von der Zigarette und ihr Geschäftsmodell mit rauchfreien Produkten in die Zukunft retten, dafür wurden Milliarden investiert. Zu den Produkten gehören E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Nikotinbeutel. Es geht steil nach oben: 2024 verkaufte Philip Morris 644 Millionen Dosen Nikotinbeutel, 53 Prozent mehr als 2023. Die Nikotinbeutel-Marke des Konzerns heißt Zyn.

Verkaufsverbot in Geschäften

Die Situation in Deutschland ist kurios: Die Pouches sind vom Staat anders als die ebenfalls tabakfreien E-Zigaretten nicht als tabakähnliches Produkt eingestuft, sondern als Lebensmittel. Weil Lebensmittel kein Nikotin enthalten dürfen, dürfen sie in Geschäften nicht verkauft werden. Im Internet sind sie aber bestellbar – etwa aus Schweden. »Das ist absurd: Ein deutscher Händler darf es nicht verkaufen, aber der Verbraucher darf es aus dem EU-Ausland zu sich schicken lassen«, sagt Lobbyist Albig. Hinzu komme, dass viele Kioske Schwarzmarkt-Produkte anböten. »Es gibt schwere Verwerfungen am Markt – und der Bund tut nichts, um das zu beenden.«

Albig räumt ein, dass die Produkte Risiken haben. »Nikotin macht süchtig. Aber wenn du rauchst, dann ist das eine sehr geeignete Alternative, um die Schäden des Rauchens zu vermeiden.« Die Verbraucherschutzminister der Bundesländer sprachen sich für eine nationale Pouches-Regelung im Tabakrecht aus. Das war schon im Jahr 2021, umgesetzt wurde das nicht. Und heute? Das Bundesernährungsministerium verweist auf Brüssel. Eine EU-einheitliche Vorgehensweise und Regelung sei »dringend erforderlich«, sagt ein Ministeriumssprecher.

Geeignetes Mittel, um Raucherquote zu senken?

Neben Philip Morris setzen auch andere Tabakkonzerne auf Nikotinbeutel. Japan Tobacco International (JTI, »Camel«) berichtet bei seiner Marke Nordic Spirit von einem starken Wachstum in Märkten wie Großbritannien, Schweden und der Schweiz. Nikotinkonsumentinnen und -konsumenten suchten nach Alternativen zum Rauchen, sagt eine Firmensprecherin. »Nikotinbeutel sind nicht risikofrei, gelten aber im Allgemeinen als weniger schädlich für erwachsene Raucherinnen und Raucher als Zigaretten.«

»Lucky Strike«-Anbieter British American Tobacco (BAT) setzt auf seine Pouches-Marke Velo, die in Staaten wie Österreich, der Schweiz und Polen verkauft wird. Zuletzt stieg die verkaufte Menge um die Hälfte. Eine Regulierung der Produkte in Deutschland sei »unerlässlich, wenn wir die Raucherquoten erfolgreich senken wollen«, sagt eine BAT-Sprecherin. »Wir halten es für wichtig, dass auch in Deutschland tabakfreie Nikotin-Pouches im Handel erhältlich sind.«

Skeptische Gesundheitsexperten 

Die Forderung der Konzerne stößt auf Kritik. Es sei scheinheilig, dass die Firmen die Produkte als risikoreduzierte Alternative zum Rauchen bewerben, sagt Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). »Die Tabakbranche möchte hier angeblich ein Problem lösen, was sie selbst geschaffen hat und mit dem Verkauf von Zigaretten aufrechterhält – deswegen gibt es Zehntausende Krebstote pro Jahr.«

Aber Nikotinbeutel können doch beim Ausstieg aus dem Rauchen helfen? »Nikotinbeutel sind keine zugelassenen Entwöhnungsprodukte wie Nikotin-Kaugummis oder Nikotin-Pflaster, die ein medizinisches Verfahren durchlaufen und ihre Wirksamkeit nachgewiesen haben«, sagt die Biologin. »Nikotinbeutel sind durchdesignte Lifestyle-Produkte, die vor allem junge Leute ansprechen und ihre Konsumenten in die Abhängigkeit bringen.«

Über die genaue Schädlichkeit der Pouches wisse man noch nichts, weil es keine Langzeitstudien gebe. »Nikotin ist ein Nervengift, das zu Übelkeit und Erbrechen und in höherer Dosis zu Krämpfen und Atemnot führen kann. Außerdem steht es im Verdacht, das Wachstum von Tumoren zu fördern.«

Ablehnung aus der Politik 

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann warnt ebenfalls: Nikotinbeutel sollten nicht »als vermeintliche Wohltat der Tabakindustrie für die öffentliche Gesundheit bagatellisiert werden«. Nikotin habe ein hohes Abhängigkeitspotenzial, so die Grüne. »Wer früh im Leben raucht, wird später leichter süchtig sein - das gilt für Nikotin, egal ob geraucht, verdampft oder unter die Lippe gepackt.«

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge sagt, dass insbesondere bei Jugendlichen und Schwangeren ernste Gefahren durch die Nikotinmengen drohten. Sorge ist gegen eine Verkaufsfreigabe in Geschäften. »Es wäre falsch, den Zugang hierzulande ohne Not zu erleichtern.« Auch der Bundessuchtbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) ist dagegen: »Ich sehe die große Gefahr, dass diese Produkte innerhalb kürzester Zeit Tausende von Jugendlichen nikotinabhängig machen würden.«

Bei der Krankenkasse DAK-Gesundheit führt das Thema ebenfalls zu Sorgenfalten, auch weil viele Jugendliche und sogar Kinder zu den Pouches greifen. Nikotinbeutel seien gefährlich, sagt DAK-Chef Andreas Storm. »Wir brauchen mehr Kontrollen von Online-Shops, damit Nikotinbeutel nicht im Internet frei verfügbar sind.« Wichtig sei zudem Aufklärung der Eltern und Lehrkräfte über die Risiken von Nikotinprodukten.

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