Stigmatisierung sehen und vermeiden |
Beim Verhalten sind insbesondere Zivilcourage, bewusste Konfliktbearbeitung und sensibler Sprachgebrauch relevant.
Zivilcourage bedeutet nicht nur, sich einzumischen, wenn jemand ungerecht behandelt wird. Es kann auch etwas bewirken, das Thema Stigmatisierung mit Kollegen zu besprechen. Dies fördert die Aufmerksamkeit und kann auch entlastend wirken.
Für eine bewusste Konfliktbearbeitung ist es hilfreich, in Konfliktsituationen die individuelle Situation zu betrachten und die eigenen Anteile am Konflikt zu klären. Jeder sollte sich fragen, ob seine Annahmen aufgrund von Erfahrungen mit der Person oder aufgrund von Stereotypen zu ihren Diagnosen stattfinden.
Das Apothekenteam sollte nicht nur fachliche Probleme, sondern auch schwierige Beratungssituationen miteinander besprechen. Wichtig ist es, auf Diskriminierung von Patienten zu achten und Lösungen zu suchen. / Foto: Getty Images/Abraham Gonzalez Fernandez
Ein Beispiel aus der Praxis: Eine an Borderline erkrankte Patientin muss lange warten und läuft unruhig in der Offizin umher, bis sie an der Reihe ist. Sie möchte ein Rezept einlösen, aber das Medikament ist nicht lieferbar. Die Apothekerin hat sich von der Angespanntheit der Patientin verunsichern lassen und reagiert ihrerseits etwas gereizt, woraufhin die Patientin die Apotheke wutschnaubend verlässt.
Wie kann man es besser machen? Da die Patientin sehr angespannt war, kann man andere Kunden fragen, ob es okay ist, wenn man sie vorher drannimmt. Auch wenn andere Kunden dies nicht gestatten, hat die Patientin das Gefühl, dass man gesehen hat, dass es ihr in der Situation nicht gut geht. Dies kann die Anspannung reduzieren. Die Apothekerin kann bei der Begrüßung auch sagen: »Ich sehe, dass Sie sehr angespannt sind, es tut mir leid, dass sie länger warten mussten. Lassen Sie mich schauen, ob ich das Medikament vorrätig habe. Leider sehe ich, dass es aktuell nicht lieferbar ist. Ich versuche, das Medikament für Sie zu organisieren, oder suche eine Alternative mit dem Arzt. Ich melde mich dann telefonisch bei Ihnen.« Die Patientin nimmt das Angebot dankend an und holt die Medikation am nächsten Tag in der Apotheke ab.