Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Patienten

Stigmatisierung sehen und vermeiden

Stigmatisierung, Stereotypien und Vorurteile sind in der Gesellschaft verbreitet – auch unter Heilberuflern. Häufig betroffen sind psychisch kranke Menschen. Genau hinzuschauen und hinzuhören kann zum Abbau von Stigmatisierung führen.
AutorKontaktMartina Hahn
AutorKontaktFrank Jacobi
AutorKontaktNaomi-Pua’nani Jiménez
AutorKontaktSibylle C. Roll
Datum 31.03.2024  08:00 Uhr

Anti-Stigma-Kompetenz entwickeln

Was können wir nun besser machen? Auch wenn Veränderungen innerhalb eines ganzen Systems Zeit benötigen, können bereits kleine individuelle Maßnahmen zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung von Menschen mit psychischen und anderen Erkrankungen führen (7).

Man sollte sich nicht vom Ausmaß des Problems entmutigen lassen. Heilberufler und jedes Apothekenteam können selbst viel tun, um Anti-Stigma-Kompetenz zu entwickeln. Diese setzt sich aus den drei Bereichen zusammen: Wissen, Haltungen und Verhalten (8).

Bereich Wissen

Hier sind die Aspekte Stigmatheorie, Recovery und die Bedeutung des Stigmas für Betroffene relevant.

Sich selbst beim Stigmatisieren zu erwischen, löst häufig Schuldgefühle aus, die wiederum Abwehrmechanismen hervorrufen können, die daran hindern, die Situation klar zu betrachten und etwas zu verändern. Hier kann es entlastend sein zu wissen, wie es dazu kommen kann, denn eine Tendenz zum Stigmatisieren ist zunächst einmal durchaus typisch für uns Menschen. Nach dem Prinzip der kognitiven Ökonomie tendieren Menschen zur Vereinfachung dazu, in Kategorien (»Schubladen«) zu denken.

Aus sozialpsychologischer Sicht führen Menschen ständig soziale Vergleiche durch und orientieren sich an sozialen Normen. Wenn andere Menschen von Erwartungen abweichen, stellt dies eine Bedrohung von Identität dar. Abwertung und Distanz zur Aufrechterhaltung des Selbstwerts und Betonung des eigenen Normalseins führen zur Stigmatisierung. Auch kann Diskriminierung dazu dienen, eigenen Ärger und Unzufriedenheit durch Ausagieren an anderen zu kanalisieren.

Eine Herausforderung für Heilberufler besteht darin, dass man betroffene Menschen eher in Akutphasen ihrer psychischen Erkrankung sieht. Dies führt schnell zu der kognitiven Verzerrung, dass man nur die krankheitsbedingten Beeinträchtigungen wahrnimmt und übersehen kann, wie es vielen dieser Menschen in früheren oder späteren Phasen deutlich besser ging oder geht und sie dann auch nicht (mehr) auf Medikation angewiesen sind. Und wenn man nur auf Krankheitsstatus und Hilfebedarf achtet, kann man die Perspektive der Selbstbestimmtheit aus dem Blick verlieren: In der sogenannten Recovery-Bewegung geht man davon aus, dass jeder Mensch das Potenzial zur Genesung hat, grundsätzlich eigenverantwortlich handeln kann und an Entscheidungen beteiligt sein sollte, die ihn betreffen, da er selbst am besten weiß, was für ihn hilfreich ist.

Die Bedeutung und die Folgen von Diskriminierung für Betroffene zu kennen, sollte daher zur Grundausbildung von in der Gesundheitsversorgung tätigen Personen gehören. Schließlich gibt es seit 2006 in Deutschland ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (9). Neben den direkten Wirkungen auf die Gesundheit hat Ausgrenzung auch gesellschaftliche Folgen: Es kommt zu Benachteiligung bei der Wohnungssuche, verminderten Chancen am Arbeitsmarkt, erhöhter finanzieller Not, einer höheren Wahrscheinlichkeit, Opfer von Gewaltverbrechen zu werden, und eingeschränkten Möglichkeiten zur Versicherung.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein depressiv erkrankter Mann kommt in die Apotheke und bittet um eine Beratung. Er ist sich unsicher, ob er das Citalopram-Rezept vom Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie einlösen soll. Er plage sich mit lebensmüden Gedanken. Der Arzt habe gesagt, er müsse das Medikament nehmen oder in eine Klinik gehen. Beides mache ihm große Angst und er glaube nicht, dass ihm geholfen werden könne. Wie kann das Apothekenteam gut reagieren?

Suizidgedanken und -impulse sind ein sehr häufiges Symptom bei Depression und machen diese zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Menschen mit schwerer Depression erleben nicht nur großes Leid, sondern haben krankheitsbedingt auch jegliche Hoffnung verloren. Sie glauben nicht daran, dass man ihnen helfen kann und sich ihr Zustand je wieder bessert. Daraus kann der Wunsch entstehen, nicht mehr leben zu wollen. Gerade jetzt ist es wichtig, den Patienten sachliche Informationen zu geben. Das Apothekenteam könnte zum Beispiel sagen: »Antidepressiva können Ihren Zustand verbessern. Sie wirken nach etwa 14 Tagen. Wenn die Suizidgedanken drängender werden, sollten Sie sich an Ihren Arzt wenden. Am Wochenende und nachts können Sie die nahegelegene psychiatrische Klinik anrufen. Dort wird man Ihnen helfen.«

Der Gesprächsleitfaden »Suizidale Menschen in der Apotheke – Warnzeichen erkennen und reagieren« steht im Internet zum Download bereit (www.ABDA.de/fuer-apotheker/qualitaetssicherung/leitlinien/leitlinien-und-arbeitshilfen). Die Leitlinien der Fachgesellschaften (www.awmf.org) bieten zudem umfangreiche Informationsmöglichkeiten zur Epidemiologie, Ätiologie, Symptomatik und Behandlung. Schulungsangebote der Apothekerkammern können das Wissen wirksam erweitern.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa