| Daniela Hüttemann |
| 08.12.2025 09:00 Uhr |
Dabigatran hemmt Thrombin, was wiederum die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin unterbindet. So können sich keine Blutgerinnsel bilden. / © Getty Images/quantic69
Wie wirkt Dabigatran?
Dabigatran gehört zu den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) und wirkt als kompetitiver, reversibler Thrombinhemmer. Thrombin (auch als Gerinnungsfaktor IIa bekannt) ist eine Serinprotease, die in der Gerinnungskaskade eine zentrale Rolle spielt. Durch die Thrombinhemmung werden die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin sowie von Faktor XIII zu Faktor XIIIa verhindert und die Thrombin-induzierte Thrombozytenaggregation gehemmt. Andere verfügbare DOAK wie Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban greifen demgegenüber am Faktor Xa an.
Was sind die Einsatzgebiete von Dabigatran?
Dabigatran wird zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern, zur Thromboseprophylaxe nach Hüft- oder Kniegelenkersatz sowie zur Prävention und auch Behandlung tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien eingesetzt.
Wie wird Dabigatran dosiert?
Eingesetzt wird das Prodrug Dabigatranetexilat. Nach oraler Anwendung wird es schnell resorbiert und im Plasma und in der Leber zum aktiven Wirkstoff Dabigatran umgewandelt. Die Kapseln sollten unzerkaut mit Wasser zu oder unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Eine vergessene Dosis kann bis zu sechs Stunden vor der nächsten vorgesehenen Dosis eingenommen werden.
Zur Primärprävention venöser Thromboembolien nach Gelenkersatz soll die Behandlung postoperativ innerhalb von ein bis vier Stunden mit 110 mg Dabigatranetexilat eingeleitet werden. Anschließend wird die Therapie mit 220 mg einmal täglich fortgesetzt – bei Kniegelenkersatz über insgesamt zehn Tage, bei Hüftgelenkersatz über 28 bis 35 Tage. Patienten über 75 Jahre erhalten eine niedrigere Dosierung: 75 mg als Startdosis und dann 150 mg einmal täglich. Gleiches gilt bei einer mittelgradigen Beeinträchtigung der Nierenfunktion (30 bis 50 ml/min Kreatinin-Clearance).
Zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei Vorhofflimmern sowie zur Behandlung und Prävention tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien lautet die Dosierempfehlung zweimal täglich 150 mg (bei älteren Patienten und/oder bei Niereninsuffizienz gegebenenfalls geringere Dosierung). Für Kinder gibt es eine exakte Dosiertabelle anhand von Körpergewicht und Alter.
Welche Nebenwirkungen kann Dabigatran haben?
Naturgemäß sind das vor allem Blutungen, von Nasenbluten bis zu schweren Ereignissen. Auch gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, Dyspepsie und Übelkeit sind häufig. Hautausschlag und Pruritus treten gelegentlich auf. Möglich sind auch schwere Nebenwirkungen wie eine Agranulozytose.
Welche Kontraindikationen sind zu beachten?
Vor einer Behandlung mit Dabigatran soll bei allen Patienten die Nierenfunktion überprüft werden. Bei schwerer Niereninsuffizienz ist Dabigatran kontraindiziert. Eine Beeinträchtigung der Leberfunktion oder Lebererkrankungen, die einen Einfluss auf das Überleben haben, sind ebenfalls Kontraindikationen. Dabigatran sollte wenn möglich mindestens 24 Stunden vor einem invasiven oder chirurgischen Eingriff abgesetzt werden.
Kontraindiziert ist der Wirkstoff bei akuten, klinisch relevanten Blutungen sowie bei Läsionen oder klinischen Situationen, die als signifikanter Risikofaktor einer schweren Blutung angesehen werden (zum Beispiel ein Magengeschwür). Eine weitere absolute Kontraindikation sind künstliche Herzklappen, die eine gerinnungshemmende Therapie erfordern. Zu den relativen Gegenanzeigen zählen unter anderem Schwangerschaft und Stillzeit.
Welche Wechselwirkungen können auftreten?
Dabigatran ist kein Inhibitor oder Induktor der wichtigsten CYP-Enzyme. Allerdings ist Dabigatranetexilat ein Substrat des Efflux-Transporters p-Glykoprotein. Zudem können pharmakodynamische Interaktionen auftreten. Es sind zahlreiche Wechselwirkungen möglich mit erhöhter Blutungsgefahr. So sind etwa Kombinationen mit Bromelain und Ananasextrakten kontraindiziert. In der Selbstmedikation ist vor allem an nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und Ginkgo zu denken.
Was ist bei Blutungen zu tun?
Die Halbwertzeit von Dabigatran liegt bei etwa 11 bis 14 Stunden. Muss die antikoagulatorische Wirkung rasch aufgehoben werden, steht mit Idarucizumab (Praxbind®) ein spezifisches Antidot zur Verfügung.
Was gibt es sonst noch über Dabigatran zu wissen und was bedeutet Etexilat?
Dabigatranetexilat ist das Ergebnis einer gezielten Suche nach einem oralen Antikoagulans ohne die Nachteile von Vitamin-K-Antagonisten, das heißt ohne regelmäßige Kontrolle von Gerinnungswerten und mit weniger Wechselwirkungen. In den frühen 1990er-Jahren startete die Forschung an oralen Thrombininhibitoren. Boehringer Ingelheim entwickelte Dabigatranetexilat durch gezielte Substanzoptimierung. Durch Einführung von zwei Schutzgruppen (eine veresterte Carboxygruppe und eine O-n-Hexylcarbamatgruppe) wurde der aktive Wirkstoff so modifiziert, dass er ausreichend peroral bioverfügbar ist. »Etexilat« ist ein Kunstwort aus den beiden Reaktanten Ethanol und Hexansäure.
2008 wurde der Arzneistoff unter dem Namen Pradaxa® (Boehringer Ingelheim) in der EU zugelassen. Seit 2024 sind in Deutschland auch Generika verfügbar.
Strukturformel Dabigatran / © Wurglics